„Deine Liebe ist mir wundersamer gewesen, als Frauenliebe ist.“ Das Zitat provoziert zum Nachdenken, zum Weiterlesen und führt zum Kern des Problems: Die Bibel wörtlich oder ernst nehmen? König David reflektiert mit diesem Satz im Klagelied über Saul und Jonathan sein Verhältnis zu Jonathan. Verbindet die beiden mehr als Freundschaft? Viele Homo-sexuelle bejahen diese Frage und zitieren gern diesen Vers. Sie begeben sich damit auf den gleichen Weg wie evangelikale Christinnen und Christen, halten deren aus den jeweiligen Kontexten gerissenen Sätzen diesen Vers entgegen. Führt das aber weiter, verfängt man sich nicht im Netz der gleichen Argumentationsstruktur, begibt sich auf einen Irrweg, steht es am Ende 1 zu 1? An der Frage, ob homosexuelle Pfarrerinnen und Pfarrer mit ihren Lebenspartnerinnen, Lebenspartnern ins Pfarrhaus ziehen dürfen, hat sich ein Streit entzündet, der die evangelische Kirche in Sachsen zu spalten droht. Im Kern geht es um die Frage, wie die Bibel verstanden wird, wird sie wörtlich oder ernst genommen? Und es geht um Deutungshoheit, also Macht! Die Ev.-Luth. Landeskirche in Sachsen befindet sich seit der Frühjahrssynode 2012 in einem Gesprächsprozess zum Schrift- und Kirchenverständnis.
Im Folgenden wird vor diesem Hintergrund eine kurze Einführung in christliche Exegese versucht -kein exegetisches Proseminar in Kurzform, auch wenn hinter bestimmten Fragen die entsprechenden Arbeitsschritte hervorblitzen-. Die Geschichte der Textauslegung wird nicht vorgestellt, die Bandbreite aller Methoden nicht ausgebreitet. Die Einführung will vor allem Fragen ins Bewusstsein rücken. Die Fragen sollen das Interesse an den Texten und deren Auslegung wecken bzw. verstärken. Textauslegung ist ein komplexes Unterfangen. Auch wenn man sich nicht allen Fragen stellt, so bewahrt doch das Wissen um die unbeantworteten Fragen im Hinterkopf vor einer allzu naiven Herangehensweise, die z.B. glaubt, bereits mit der Verwendung unterschiedlich farbiger Textmarker, das Geheimnis der Texte tiefgreifend ergründen zu können.
εξηγεομαι – ein schillerndes griechisches Verb: herausführen, hinführen, ausführen, beschreiben, erzählen, deuten kann es bedeuten. Εξηγησις, das Substantiv – Auseinandersetzung.
Mit Auseinandersetzung ist prägnant beschrieben, was Exegese meint, und es ist festgehalten, dass Exegese ein Kommunikationsgeschehen zwischen Exegetin, Exeget und Text ist, dass beide einander auslegen. Auseinandersetzungen können hart sein. Der Streit um die richtige Auslegung kann hart sein, er ist dennoch um der Menschen und um Gottes Willen zu führen.
Menschen legen den Text aus, setzen sich mit ihm auseinander. Das ist die ästhetische Dimension des Textes. Texte sind ästhetische Gebilde. Αισθησις – die Wahrnehmung mit den Sinnen. Texte können in all ihren Facetten nur wahrgenommen werden, wenn sie mit allen Sinnen erfasst werden. Das heißt auch, die Texte laut lesen und hören, am besten einander vorlesen. In der Stimme der Anderen, des Anderen begegnet der Text als Anspruch, als Zusage, als etwas Fremdes. Exegese ist ein Wechselspiel von Nähe und Distanz, Objektivität und Subjektivität, Eigenem und Fremdem. Der Text ist fremd und kommt doch ganz nah. Historisch-kritische Exegese macht Texte erst einmal fremd, gibt objektive Regeln an die Hand, stellt den historischen Abstand zwischen den Texten und den sie Auslegenden heraus. Sie schafft so den Abstand, aus dem heraus der Gegenstand erst wirklich wahrgenommen werden kann.
Die Texte liegen vor, um ausgelegt zu werden. Doch was liegt überhaupt mit einem Text vor? Dafür, was mit einem Text - Texte ganz allgemein, nicht nur Heilige Texte - vorliegt, haben Menschen die unterschiedlichsten Bilder gefunden: ein vom Himmel gefallener Meteorit, eine zu Papier gebrachte Einflüsterung der Musen, ein nach semantischen und syntaktischen Regeln in harter Arbeit erstelltes Sprachprodukt, ein Gewebe aus bunten Fäden. P. Celan schreibt von Gedichten: eine Flaschenpost. „Das Gedicht kann, da es ja eine Erscheinungsform der Sprache und damit seinem Wesen nach dialogisch ist, eine Flaschenpost sein, aufgegeben in dem – gewiß nicht immer hoffnungsstarken – Glauben, sie könnte irgendwo und irgendwann an Land gespült werden, an Herzland vielleicht. Gedichte sind auch in dieser Weise unterwegs: sie halten auf etwas zu. Worauf? Auf etwas Offenstehendes, Besetzbares, auf ein ansprechbares Du vielleicht, auf eine ansprechbare Wirklichkeit.“(Frankfurt/M. 1988, 39). Ein anderes Bild: Texte sind „eingefrorene Kommunikationsakte“(R. Lux u.a.). Ein Widerspruch, der eine Sehnsucht wachruft: Die Texte mögen auftauen und Menschen auch jetzt und hier ansprechen. Texte sind erst einmal „eingefrorene Kommunikationsakte“: Ein Autor, eine Autorin schreibt für Leser, teilt sich und etwas in und mit Sprache mit, damals, dort. Dieser ursprüngliche Kommunikationsakt ist im schriftlichen Text festgehalten, erstarrt, eingefroren, konserviert. Konserviert für kommende Zeiten, für kommende Leserinnen und Leser. Der Text spricht Menschen in ihrer jeweiligen Gegenwart an. Will er das? Kierkegaard hat geschrieben, dass es im Glauben keine Schüler zweiter Hand gebe.
Religiöse Menschen glauben, dass in biblischen Texten der Gegenstand des Textes und damit Gott selbst zu Wort kommt und die Lesenden und Hörenden anspricht, damit Autor des Textes ist, dass zugleich aber auch Menschen als Autorinnen und Autoren aus ihrer Kommunikation mit dem Gegenstand, aus ihrer Kommunikation mit Gott heraus, den Text verfasst haben. Es geht hier um die spannende Frage nach der Inspiration und nach dem Anspruch von Texten aus Menschenhand, als heilig zu gelten und göttliche Maßstäbe zu setzen. „Es ist der ... Heilige Geist, der diese Zeugnisse, d.h. die partiellen, sogar fragmentarischen und konfligierenden Erfahrungen und Einsichten, dazu bringt, auf die Präsenz und auf die Realität Gottes hinzuweisen, sie zu spiegeln. Sobald und soweit dies geschieht, sind wir berechtigt und sogar genötigt, von einer Inspiration der Schrift zu sprechen.“, so der Theologe M. Welker in „Gottes Geist. Theologie des Heiligen Geistes“ (Neukirchen-Vluyn 1993², 256).
1. Wie sind die Texte entstanden? Gibt es überhaupt den Autor, die Autorin?
Für die einzelnen biblischen Texte kommt man zu sehr unterschiedlichen Antworten. Am ehesten ist Paulus als Autor der echten Paulusbriefe greifbar. Mit dem Alter der Texte wird die Frage nach der Autorschaft immer komplexer. Den erzählenden alttestamentlichen Texten geht in der Regel eine Phase der mündlichen Überlieferung der Einzeltexte voran. Diese wurden gesammelt und zu Erzählkomplexen zusammengestellt, bekamen Schriftgestalt. Aus den Erzählkomplexen wurden größere Einheiten komponiert, die zu biblischen Büchern zusammengefasst wurden. Die Frage, welche Bücher überhaupt zur Bibel, zum Kanon gehören, hat Theologen über Jahrhunderte bewegt. Bei jedem dieser Schritte haben die Autoren, Redaktoren und Tradentinnen und Tradenten ihr Denken, ihre Lebenswelten, ihre Theologien, ihre Erfahrungen mit Gott in die Texte eingetragen.
Das heißt: Texte sind geschichtlich gewachsen und haben sich verändert, z.T. über lange Zeiträume, bis sie nun in ihrer endgültigen Gestalt vorliegen. Diesen Veränderungen kann man auf die Spur kommen, weil sie sich im Text und in überlieferten Textvarianten niedergeschlagen haben. Ein Ziel historisch-kritischer Exegese ist die Rekonstruktion sowohl der ältesten erreichbaren Textfassung als auch der Textgeschichte. Wenn Textvarianten nicht nur auf Abschreibfehlern beruhen, dann geben sie tiefere Einblicke: Textgeschichte ist Theologiegeschichte. Für die Rekonstruktion gibt es Regeln. Textkritik hat als Grundlage den hebräischen, aramäischen bzw. griechischen Text. Alle Übersetzungen sind immer schon Auslegung. Ein erstes, ernstes Problem gerät hier in das Blickfeld: Die Textausleger, Exegetinnen, haben einen unterschiedlichen Wissensstand. Theologinnen und Theologen haben ein deutlich größeres Vorwissen als Laien. Wie wird damit in der kirchlichen Praxis umgegangen?
2. Welche sprachliche Gestalt hat der Text?
Man kann den Text syntaktisch gliedern, in Hauptsätze, Nebensätze. Deren Beziehung zueinander darstellen. Werden etwa Subjekt oder Objekt des vorangegangenen Satzes wieder aufgenommen? Gibt es sprachliche Zäsuren? Gibt es Wörter, die Anschlüsse herstellen? Welche Zeitformen tauchen auf, welche Stilmittel? Gibt es Passagen mit direkter Rede?
Welche semantische Bedeutung haben die Wörter? Damit ist man ganz nah bei der Frage nach der Lebenswelt der Texte, denn mit der hebräischen Sprachwelt verbindet sich auch die Welt der biblischen Realien, die in vielem zeitlich und geographisch fern und fremd ist, auf diese Weise aber Wirklichkeitswahrnehmung erweitert (Vgl. R. Lux). Bedeutungen haben sich verschoben. Viele Wörter werden nicht mehr benutzt oder in ihrer Fülle an Bedeutungen verstanden. Wichtig ist hier der Blick in den Urtext und in ein umfassendes Wörterbuch, auch der Blick in einen Atlas.
3. Welche Welt begegnet in den Texten?
Lebenswelt und Textwelt fallen im Laufe der Zeit auseinander. Texte entstehen nicht im luftleeren Raum fernab der Zeit. Die Kenntnis der Zeitumstände, des historischen Kontextes, der soziokulturellen Aspekte ist für die sachgemäße Auslegung unabdingbar. Auch hier das Wechselspiel von Nähe und Distanz. Das Ernstnehmen des historischen Abstandes macht die Texte erst einmal fremd, das Ergründen und Reflektieren der Bedingungen, unter denen die Texte entstanden sind, ermöglicht ein besseres Verstehen der Texte und holt sie so wieder an eine ganz andere Lebenswirklichkeit heran. Hinter dem Grauschleier der Geschichte können Themen entdeckt werden, die Menschen noch heute angehen und die auch künftige Generationen noch bewegen werden: Homosexuelle Beziehungen, wie sie im westlichen Kontext gelebt werden können, sind für die Verfasser der Thora nicht einmal vorstellbar. Sie können also in den Versen nicht bedacht und nicht gemeint sein. Auch bei Paulus der gleiche Befund: Was im Rahmen griechischer Kultur gelebt wird, hat fast keinen Bezugspunkt zum Heute. Vor dem Hintergrund einer starken Naherwartung rät Paulus sogar zum Verzicht auf eheliche Bindungen (1. Kor 7).
Ob und wie Menschen in ihren vielfältigen Beziehungsnetzen, als Eltern, Kinder, Freundinnen und Freunde, Kollegen und Kolleginnen, Pflegende, Vorgesetzte, Konsumenten, Eheleute barmherzig und gerecht miteinander umgehen, bleibt als Frage durch die Zeiten hindurch immer aktuell. Menschliches Leben im Gelingen und Misslingen, in all seinen Formen des Zusammenlebens, und die Bibel selbst bietet eine große Fülle auf, ist von der Barmherzigkeit Gottes getragen. Das gilt durch alle Zeiten.
Der gutgemeinte Ratschlag evangelikaler und anderer Christinnen und Christen, man könne ja homosexuell sein, das wäre entschuldbar, man müsse es aber nicht leben, bietet keine Lösung. „Wer eine Frau ansieht, sie zu begehren, der hat schon mit ihr die Ehe gebrochen in seinem Herzen“ (Mt 5,28). Jesus fragt nach der Innenseite der Tat, nach der Innenseite der Unterlassung. Es kommt mit der sexuellen Identität nichts zum Menschen dazu, sondern die sexuelle Identität bestimmt die Identität des Menschen in seiner Gesamtheit.
4. Lassen sich die Texte einer Gattung zuordnen? Welche Merkmale für eine bestimmte Textgattung lassen sich finden?
Da Inhalt und Form in einem Wechselverhältnis stehen, miteinander korrespondieren, und Phänomene im Text sich durch die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Textgattung erklären lassen, hilft die Beantwortung dieser Fragen bei der Auslegung. Zudem gehören bestimmte sprachliche Konventionen zu bestimmten Lebenssituationen. In welchen Situationen spielten die Texte eine Rolle?
5. Welche Motive lassen sich im Text finden? Wo begegnen diese Motive wieder?
Texte stehen nicht nur im Gespräch mit anderen Texten, sie nehmen auch Motive auf, die in anderen Texten verarbeitet werden, kommentieren sie, interpretieren sie neu. Mit der historisch-kritischen Methode werden diese Motive in den Blick genommen und wird ihrer Geschichte nachgegangen. Biblische Motive bestimmen noch heute Wirklichkeit und deren Deutung, sie sind in die Kultur eingegangen und wirken sinnstiftend, auch wenn die Mehrheit der Bevölkerung hier sich dessen nicht mehr bewusst ist oder sein will. Ohne Bibelkenntnis, aber auch ohne Kenntnis der antiken Dramen, Mythen, poetischen Texte lässt sich Literatur, Kunst und Musik nicht verstehen. Biblische Motive sind oft viel älter als die Bibel und anderen Kulturkreisen und anderen Schriften entnommen. Vor der biblischen Sintfluterzählung ist bereits im Gilgameschepos die Erde überschwemmt worden. Fluterzählungen finden sich in allen Kulturen, ebenso Erzählungen darüber, wie die Erde entstanden ist oder geschaffen wurde, wie der Mensch von Götterhand aus Erde geformt wurde, wie das Böse in die Welt kam, wie Erlösung möglich ist. Für die Auslegung von Bibeltexten ist der Gebrauch einer Konkordanz hilfreich, um den Motiven auf die Spur zu kommen, sie in anderen Kontexten aufzusuchen und dort deren Bedeutung zu ergründen.
6. Welche Kontexte hat der Text? Wie tauchen sie im Text auf, etwa als Zitate? Wie verändern sie die Bedeutung?
Die wenigsten Texte stehen losgelöst für sich, sie sind vielmehr im Gespräch mit anderen Texten, beziehen sich aufeinander, lassen die Bezüge durch Zitate deutlich hervortreten, antworten einander. Eine Vielfalt von Stimmen, auch sich widersprechenden Stimmen, ist bei genauem Hören vernehmbar. Die Bibel ist nicht eine „Ansammlung von gleichwertigen irrtumsfreien Versen“, wie das Fundamentalisten behaupten (vgl. G. Schneider-Flume, Göttingen 2008², 77). Deshalb kann kein Vers, absolut gesetzt, herausgelöst und ohne Kontext interpretiert und womöglich noch zur Begründung von Ungerechtigkeiten herangezogen werden. Eigentlich kann man biblische Verse nur mit dem Wissen um den Inhalt der gesamten Bibel richtig verstehen. Für Christinnen und Christen gehört das Neue Testament als Kontext zum Alten Testament. Altes und Neues Testament legen einander aus. Jüdinnen und Juden würden diesen Satz nicht unterschreiben. Diese Differenz kann man nicht einfach wegwischen oder ignorieren. Man kann und muss sie im Gespräch reflektieren. Der Irrweg Marcions ist über Jahrhunderte nicht beschritten wurden. Die Deutschen Christen haben diesen Weg wieder betreten. Mit welchen Folgen?!... Schriftauslegung ist Schriftauslegung seit, nicht nach, der Shoah.
7. Für wen und wann wurde der Text geschrieben?
Die Autoren, Redaktoren, Tradenten und Tradentinnen hatten konkrete Adressatinnen und Adressaten im Blick. Die Adressaten und Adressatinnen sind den Texten eingeschrieben, sie werden in ihrer Welt mit ihrer Sprache angesprochen. Das stellt eine Distanz her.
Mit der Frage nach der Abfassungszeit wird ein weites Feld betreten, auf dem sich Laien auf die - durchaus umstrittenen - Ergebnisse der alt- und neutestamentlichen Wissenschaft verlassen sollten.
8. Wie wurden die Texte überliefert und ausgelegt?
Juden und Jüdinnen und Christinnen und Christen haben die Texte überliefert, immer wieder - auch ganz unterschiedlich - ausgelegt und im Laufe der Zeit so mit noch weiteren Kontexten umgeben. Die Texte haben eine Wirkungsgeschichte, welche die Sicht auf die Texte verändert. Wie oft haben biblische Texte in der christlichen Auslegung eine fatale, tödliche Wirkungsgeschichte gehabt! Kontexte, die hinzugewachsen sind, sind für jüdisches Verständnis unter anderem die Auslegungen durch Rabbinerinnen und Rabbiner, der Talmud, die Gebetstexte; für christliches Verständnis u.a. das Gesangbuch, der Katechismus.
9. Wer legt die Texte aus?
Die Frage richtet sich in die Gegenwart. Welches Vorverständnis wird an die Texte herangetragen? Welche Erfahrungen beeinflussen, ja verstellen die Sicht? Was wollen die Auslegenden vom Text? Denn sie wollen ja etwas von den Texten, sonst würden sie diese nicht lesen! Kritisch gefragt: Wird der Text instrumentalisiert, wird er gegen andere und ihre Positionen eingesetzt zur Untermauerung des eigenen Standpunkts, zur Begründung von politischen Überzeugungen? Wird also schon vorher gewusst, was der Text vor allem anderen sagen will? Doch geht es nicht vielmehr darum, was der Text von den Auslegenden will?
Die zehnte und wichtigste Frage, weil sie existentiell berührt: Was geht Menschen ein Text, der vor Tausenden von Jahren für Andere geschrieben wurde, überhaupt an? Wie wird er gegenwärtig? Angesprochen ist hier das Wirken des Heiligen Geistes, der Geschehen aktualisiert, die Auslegenden in die Texte hineinzieht und zu Adressaten und Adressatinnen macht, angesprochen ist eine zweite Dimension der Texte: Der Text legt Menschen aus, setzt sich mit ihnen auseinander. Dies ist die ethische Dimension des Textes. Der Text stellt Fragen an das Leben, das Tun und Lassen. Woran verzweifeln Menschen? Was tröstet sie? In der Bibel erzählte und gegenwärtige Erfahrungen treffen aufeinander und korrigieren einander. „Luther war der Ansicht, dass im Prozess der Auslegung die Widerständigkeit des Textes vor Erfahrungsmissbrauch und ideologischer Vereinnahmung schützen kann und im Gegenzug ermöglicht, dass die Ausleger durch Erfahrungen des Textes bereichert werden.“ (G. Schneider-Flume, a.a.O.,79).
Jeder Text stellt die zentrale anthropologische Frage, die der 8. Psalm meditiert: Was ist der Mensch? Diese Frage weist immer schon über sich hinaus: Was ist die Welt? Wer ist Gott?
Die Blickrichtung ändert sich. Rilke findet in seinem Gedicht „Archaïscher Torso Apollos“ ein eindrückliches Bild, und man kann sagen, dass auch das Gedicht selbst aus allen seinen Rändern ausbricht wie ein Stern: denn da ist keine Stelle, die dich nicht sieht. Du mußt dein Leben ändern. Menschen fühlen sich von diesem Gedicht existentiell angesprochen, öffnen die Flaschenpost. Schriftstellerinnen und Schriftsteller formulieren den Anspruch ästhetischer Gebilde radikal: „Ich möchte von den Dingen die ich sehe / wie von dem Blitz / gespalten werden“ (...) (H. Domin, Frankfurt/M., 2000, 55). Das gilt für Bilder, Skulpturen, Musik, für Belletristik, wie viel mehr gilt es für Heilige Schriften! Die Texte sind Anspruch und Zuspruch zugleich. Exegese ist ein gefährliches Unterfangen. Sie kann das ganze Leben infragestellen, auf den Kopf stellen oder vom Kopf auf die Füße. Weil Menschen dies in der Regel nicht wollen, sind die Auseinandersetzungen hart. Ästhetik und Ethik sind nicht voneinander zu trennen. S. Sontag formuliert in ihrem Aufsatz „Über Schönheit“: „Das Ästhetische und das Ethische sind keineswegs Gegensätze, (...), sondern das Ästhetische selbst ist ein quasimoralisches Projekt.“ (München 2008, 34f.).
Kevihn123 (Dienstag, 19 Januar 2021 10:45)
Viel zu viel Text.
DONA NOBIS PACEM (Donnerstag, 25 August 2016 08:06)
Sehr geehrter Herr Wildenhain, auch diesmal habe ich mich über Ihre Zuschrift an mich sehr gefreut. In „frei-und-fromm“ habe ich nun einen Abschluss erreicht und nehme daher zumindest vorerst an den Diskussionen aus Zeitgründen nicht mehr teil. Ich beteilige mich ja auch noch an Möbel- und Sachspenden an Hilfsbedürftige auf privater Basis, was meine Zeit auch in Anspruch nimmt. Mit herzlichen Grüßen, Ihr Bernhard Buchmann.
Sascha Wildenhain (Mittwoch, 24 August 2016 21:15)
Sehr geehrter Herr Buchmann,
vielen Dank für Ihre Antwort. Mit meinem Gefühl lag ich richtig, ich habe aus meinem eigenen Berufsalltag die Erfahrung machen dürfen, dass die Menschen, die im technischen Bereich arbeiten, bzw. die "Techniker", in deren beruflichen Alltag es oft um 0,01 mm geht, eher sensibel als unsensibel sind. Ich möchte mir mit Ihnen hier keinen weiteren "theologischen Schlagabtausch" liefern, ganz einfach weil mir ihre letzten Antworten an mich gesagt haben, dass Sie kein Mensch sind, der -bewusst oder unbewusst- die Bibel instrumentalisiert, um Menschen oder Menschengruppen zu diskriminieren.
Wir Menschen sollten ja Träume haben dürfen, damit wir uns eine Vorstellung daraus entwickeln können, wie wir die Zukunft gestalten könnten. Mein Traum an dieser Stelle sähe ein wenig so aus: Menschen wie Sie, der Sie der wortwörtlichen Auslegung der Bibel "anhängen" (ein ungelenkes Wort, sorry), im Zweifelsfalle aber wirklich auf Gott (nämlich ihre innere Stimme und ihr Herz) hören, um sich ihre Meinung zu bilden, die sollten versuchen mit den Menschen, die in unserer Amtskirche haupt-oder ehrenamtlich verkündigen und arbeiten, in Kontakt zu bleiben. Ich weiß, es gibt so vieles, was "man" nicht verstehen muss, aber ich persönlich habe großes Vertrauen in die Landeskirche, auch wenn Herr Dr. Rentzing meine Stimme nicht bekommen hätte. Wir müssen uns streiten können, ohne dass es zur Fraktionierung kommt, ich kann das nur durch meinen ganz persönlichen, kleinen Beitrag ein wenig befördern.
Mit freundlichen Grüßen
Sascha Wildenhain
Bernhard Buchmann (Montag, 22 August 2016 22:15)
Sehr geehrter Herr Wildenhain,
vielen Dank für Ihre warmen Worte.
Sie können mir es abnehmen, dass ich in meinem bisherigen Leben gleichgeschlechtlich lebende Menschen niemals ausgegrenzt oder gar diskriminiert habe. Auch habe ich niemals meine drei Kinder und meine Ehefrau hart angegriffen oder gar geschlagen, denn das entspricht nicht meiner Lebensauffassung. Mein Diskussionsbeitrag sollte dazu beitragen, positive Lösungsansätze darzustellen. Ja, und dann das Thema Toleranzen. Dass dies so missverstanden wurde, hatte ich als Techniker eigentlich nicht erwartet, sonst hätte ich nichts davon geschrieben. Toleranzen gibt es ja für das Tolerantsein im Umgang mit z.B. anderen Menschen (was hier unser Thema ist), in der Medizin und eben in der Technik, wo ich herkomme. Bei allen Toleranzanwendungen haben Toleranzen Grenzen, die Toleranzgrenzen, sonst bräuchte man keine Toleranzen, keine Toleranz. Nur in diesem Anwendungssinne war und ist meine Darstellung gemeint gewesen. Eigentlich ein gutes Thema. Auch möchte ich Ihnen noch sagen, dass meine Frau und ich ein gleichgeschlechtliches Damenpaar über viele Jahre als Nachbarn hatten, bis diese aus beruflichen Gründen wegzogen. Wir hatten über die gesamte Zeit ein ausgesprochen gutes Nachbarschaftsverhältnis und halfen uns nachbarschaftlich sehr gut. So lernten wir eben auch direkt kennen, was es heißt, einen unbelasteten Umgang mit einem gleichgeschlechtlichen Damenpaar zu haben. Deshalb schrieb ich auch, dass bei mir von Diskriminierung oder Ausgrenzung keine Rede sein kann, weil ich das Zusammenleben als Nachbarn selbst sehr positiv kennen lernte.
Jedenfalls freut mich Ihre Antwort an mich sehr. Ihnen wünsche ich alles Gute.
Mit freundlichen Grüßen
Bernhard Buchmann
Sascha Wildenhain (Montag, 22 August 2016 21:35)
Sehr geehrter Herr Buchmann,
Danke, dass Sie geantwortet haben! Mir gegenüber als Person müssen Sie nichts zurück nehmen oder sich für Ihre Meinung rechtfertigen. Ich sage Ihnen ganz offen, worum es mir geht: Es ist ein riesengroßer Irrtum, wenn Christen denken, dass homosexuell empfindende Menschen wegen ihrer Homosexualität ausgegrenzt werden müssen. Diese Menschen leiden ganz furchtbar unter dieser Stigmatisierung, das haben mir einige meiner Freundinnen und Freunde, die homosexuell sind, persönlich gesagt.
Es ist ein fataler Irrtum, AUCH UND GERADE VON SENSIBLEN, DIE BIBEL WÖRTLICH NEHMENDEN MENSCHEN, homosexuell empfindende Menschen zu diskriminieren, sie auszugrenzen und ihnen womöglich am Ende ihre Sexualität noch "austreiben " zu wollen, sie von ihrer Homosexualität "heilen" zu wollen. Wir müssen damit aufhören. Ich denke, Sie, Herr Buchmann, sind ein sensibler Mensch, deshalb meine Bitte an Sie: Lassen Sie ab von diesem "Feindbild". Lassen Sie los von ihren Gedanken, dass homosexuelle Menschen "Gott ein Gräuel" sind. Das kann niemals so WÖRTLICH gelebt werden, das führt uns alle in die Hölle. In die Hölle der gegenseitigen Ausgrenzung, des Hasses, der Stigmatisierung, der Vernichtung von Menschen. Unsere Menschheitsgeschichte ist voll davon. Gott liebt seine gesamte Schöpfung, mit allem was darinnen ist, das ist doch eine liebevolle Zusage.
Freundliche Grüße.
Sascha Wildenhain
Bernhard Buchmann (Montag, 22 August 2016 20:44)
Sehr geehrter Herr Wildenhain,
mit tiefem Bedauern habe ich Ihre letzte Antwort (#59) gelesen und möchte in keinem Fall, dass Sie sich und auch andere durch meinen Diskussionsbeitrag (#48) verletzt und diskriminiert fühlen. Dies war niemals meine Absicht. Ich entschuldige mich bei Ihnen und anderen für meinen Diskussionsbeitrag (#48).
Um weitere Irritationen und Verletzungen zu vermeiden, ziehe ich meinen Diskussionsbeitrag „#48“ hiermit ersatzlos zurück.
Mit freundlichen Grüßen
Bernhard Buchmann
Sascha Wildenhain (Montag, 22 August 2016 17:36)
Nachtrag.
Sehr geehrter Herr Buchmann,
ich bin wirklich entsetzt, wie Sie als Christenmensch es nicht erkennen wollen, wie schlimm und menschenverachtend das ist, was Sie hier mitgeteilt haben, ich zitiere Sie aus # 48: "Selbst lehne ich die Aussage „Schriftverständnis: wörtlich oder ernst“ vehement ab, weil auch bibeltreue Christen ihre Glaubensauffassung sehr ernst nehmen, von Diskriminierung oder gar Ausgrenzung kann gar keine Rede sein. Gleichgeschlechtliche Partnerschaften in christlichen Religionsgemeinschaften (auch Kirchen) sind eben dort zu Hause, wo sie der Norm oder dem Toleranzbereich dieser Religionsgemeinschaften entsprechen"
Hier widersprechen Sie sich selbst fundamental! Sie schreiben, von Diskriminierung und Ausgrenzung könne gar keine Rede sein und anschließend kommt der Satz, dass gleichgeschlechtliche Partnerschaften "eben dort " zu Hause sind, wo sie einer -von Ihnen erfundenen (?)- Norm oder einem Toleranzbereich (wo kommt das her?) entsprechen. Wenn das nicht schlimmste Diskriminierung ist, was ist es denn dann? Abgekürzt kann Ihre Aussage so verstanden werden: Bei Euch, die Ihr dies toleriert, dass ihr homosexuelle Menschen in Partnerschaft lebend unter Euch habt, geht das nur deshalb, weil Ihr Euch die Bibel zurecht rückt, wie ihr wollt. Wir bibeltreuen Christen hingegen, wir leben unseren Glauben so, wie es wörtlich geschrieben steht, also haben schwule Paare bei uns nichts verloren. Ausgrenzung pur! Wird auch gesteinigt und mit der Rute gezüchtigt?
Mit freundlichen Grüßen!
Sascha Wildenhain
Frank Martin (Montag, 22 August 2016 08:41)
Werter Herr Buchmann,
weil ich an Grenzen komme, müssen Sie ja nicht das Gespräch mit anderen beenden. Zwei Fragen hätte ich an Sie. Sie schreiben, daß Sie Christ sind, betrachten Menschen aber wie Maschinen, für die es nur eine bestimmte Toleranz gibt. Ist Ihnen einmal beim Bibellesen aufgefallen, daß die Pharisäer - zumindest so, wie sie im NT geschildert werden - ähnlich argumentierten und Jesus aus diesem Grunde umbringen wollten? Er hat die Bibel nämlich nicht als Gebrauchsanweisung gelesen, sondern als ein lebensdienliches Buch. Das Gesetz ist für den Menschen da, nicht der Mensch für das Gesetz. Zum zweiten wiederhole ich eine Frage: Wie vereinbaren Sie es mit Ihrem Glauben, daß Sie hier so unaufrichtig waren? Fällt das für Sie unter die Toleranzgrenze?
Mit freundlichen Grüßen
Frank Martin
Sascha Wildenhain (Sonntag, 21 August 2016 23:19)
Sehr geehrter Herr Buchmann,
ich frage mich, weshalb ausnahmslos alle, die hier in diesem Forum als selbsternannte "bibeltreue" Christen einen Anfang der Diskussion gemacht haben, nach zwei oder drei Antworten oder Fragen sich sofort wieder verabschieden. Es tut mir leid, aber mit einer gereiften, erwachsenen Auseinandersetzungs- und Diskussionskultur hat das meiner Meinung nach überhaupt nichts zu tun. Auf die Argumente und Fakten der "Gegenseite " wird nicht einmal ansatzweise eingegangen, man zieht sich in den Schmollwinkel zurück.
Mit freundlichen Grüßen
Sascha Wildenhain
Bernhard Buchmann (Sonntag, 21 August 2016 22:50)
Sehr geehrter Herr Wildenhain,
Herr Pfarrer Martin schrieb mir: „Wenn Sie Toleranzgrenzen im Bereich der Technik auf den Umgang mit Menschen übertragen, sind für mich die Grenzen des Gespräches erreicht.“
Da ich hier Gast auf der WEB-Seite „frei-und-fromm“ bin, respektiere ich die Meinung von Herrn Pfarrer Martin als Mitinitiators dieses Forums und gebe daher keine Stellungnahmen mehr hier ab. Ich bitte um Ihr Verständnis dafür.
Mit freundlichen Grüßen
Bernhard Buchmann
Sascha Wildenhain (Sonntag, 21 August 2016 22:31)
Sehr geehrter Herr Buchmann,
vielen Dank für Ihre Antwort. Schön, dass Sie auch der Meinung sind, dass die verantwortungsvoll gelebte menschliche Sexualität kein Thema zu sein hat, über das sich andere Menschen wertend äußern sollten.
So verstehe ich Ihre Antwort.
Mit freundlichen Grüßen!
Sascha Wildenhain
Bernhard Buchmann (Sonntag, 21 August 2016 22:08)
Sehr geehrter Herr Wildenhain,
selbstverständlich handelt es sich in Ihrem Beispiel um ausgezeichnete Pfarrerin oder Pfarrer. Da aber diese Pfarrerin oder Pfarrer die Kirchgemeinde gewechselt hat, ist Ihre Frage für mich vergangenheitsbezogen und daher nicht mehr relevant.
Mit freundlichen Grüßen
Bernhard Buchmann
Bernhard Buchmann (Sonntag, 21 August 2016 21:57)
Sehr geehrter Herr Martin,
Sie schrieben mir: „Wenn Sie Toleranzgrenzen im Bereich der Technik auf den Umgang mit Menschen übertragen, sind für mich die Grenzen des Gespräches erreicht.“
Ich respektiere Ihre Haltung mir gegenüber und werde Ihrer Meinung entsprechen.
Mit freundlichen Grüßen
Bernhard Buchmann
Sascha Wildenhain (Sonntag, 21 August 2016 21:32)
Sehr geehrter Herr Buchmann,
Frank Martins ersten Antworten an Sie schließe ich mich an.
Mein erster Berufsabschluss ist Werkzeugmacher, ich weiß durchaus um die Bedeutung von Toleranzen im technischen Bereich, aber es käme mir nicht in den Sinn, aus dieser kalten, technischen Welt ( ganz nebenbei: Papst Franziskus hat übrigens den Satz geprägt: "Unser neuer Gott heißt Technik", ich persönlich bin der Meinung, damit hat er eine Wahrheit ausgesprochen.) Maßtoleranzdefinitionen als Orientierung bei der Suche nach gelebter zwischenmenschlicher Liebe anzusehen.
Eine Frage habe ich an Sie:
Mal angenommen, in Ihrer Gemeinde tut eine Pfarrerin oder ein Pfarrer über viele Jahre hinweg einen sehr guten Dienst. Sie/Er tauft, konfirmiert, traut, beerdigt, alles einwandfrei nach Agende und engagiert, Er/ Sie hält Abendmahls- und Predigtgottesdienste, kümmert sich um die ganze Amtsbürokratie und ist sehr sensibel, sehr einfühlsam und leistet also auch eine wunderbare seelsorgerische Arbeit an allen Gemeindegliedern, die der Seelsorge bedürfen. Sie/ Er ist voll akzeptiert in der Gemeinde und auch Sie persönlich würden, wenn Sie darauf angesprochen werden würden, sofort sagen: Wir sind sehr froh, unseren Pfarrer/ unsere Pfarrerin hier bei uns in der Gemeinde zu haben, wir könnten uns keinen/ keine bessere wünschen. Eines Tages kommt der Tag des Abschieds, die Pfarrerin/ der Pfarrergeht weg aus der Gemeinde, die Stelle wird vakant. Kurze Zeit später kommt in Ihrer Gemeinde ein Brief ihres weggegangenen Geistlichen an, in dem sich der Mann/ die Frau noch einmal an die Gemeinde wendet und unter anderem mitteilt, dass Sie/Er homosexuell ist. Jetzt meine Frage an Sie: Was würde dies in Ihnen auslösen?
Mit nachdenklichen Grüßen
Sascha Wildenhain
Frank Martin (Sonntag, 21 August 2016 20:59)
Werter Herr Buchmann,
und wie vereinbaren Sie es mit Ihrem Glauben, daß Sie sich hier so verstellt haben?
Mit freundlichen Grüßen
Frank Martin
Bernhard Buchmann (Sonntag, 21 August 2016 20:05)
Sehr geehrter Herr Martin,
als Hinweis: ich gehöre nicht zur Bekenntnis-Initiative in Sachsen, auch nicht zu anderen Bekenntnis-Bewegungen, sondern zu einem freien und unabhängigen bibeltreuen Freundeskreis.
Mit freundlichen Grüßen
Bernhard Buchmann
Frank Martin (Sonntag, 21 August 2016 17:33)
Werter Herr Buchmann,
es beschwert Sie aber nicht, daß Sie uns getäuscht haben?
Ein Hinweis: Wenn Sie Toleranzgrenzen im Bereich der Technik auf den Umgang mit Menschen übertragen, sind für mich die Grenzen des Gespräches erreicht. So, wie Sie sich nicht an die Bibel halten - und wie niemand das tut - so fordern Sie es von anderen. Das ist Ihr unbestrittenes Recht. Aber Konsequenzen können Sie nur für sich ziehen.
Mit freundlichen Grüßen
Frank Martin
Bernhard Buchmann (Sonntag, 21 August 2016 15:49)
Sehr geehrter Herr Wildenhain,
sehr geehrte Mitglieder des Forums für Gemeinschaft und Theologie,
mich machte Ihre Fragen, verehrter Herr Wildenhain, „Wie wird der Toleranzbegriff gelebt, was braucht eigentlich jeder einzelne von uns, um das Wort Toleranz mit Leben zu füllen, ohne an unterdrückten Abneigungs- oder Hassgefühlen aufgrund von Verletztheiten seelisch zu ersticken?“ sehr nachdenklich.
Da ich selbst zwar dienender Christ bin, komme ich beruflich aus dem Gebiet der Technik. Dort ist es gebräuchlich, dass erlaubte Toleranzen dafür gelten, wenn die tatsächlich z.B. bei der Herstellung eines Produkts erreichten Maße oder Werte gegenüber den gesetzten Normen die Funktions- und Gebrauchsfähigkeit des betreffenden Objektes nicht mindern oder verhindern.
Auf unseren christlichen Glauben bezogen gilt zum Beispiel für mich, dass meine christliche Glaubens-Toleranz gegenüber anderen Glaubensauffassungen dann voll gilt, wenn diese anderen Glaubensauffassungen nicht meine eigene-persönliche bibeltreue Glaubensüberzeugung nachhaltig verletzt. So ist für mich zum Beispiel die wortgetreue Bibel die Norm meines Glaubens. Wollte ich nun beispielsweise gleichgeschlechtliche Partnerschaften im Kirchendienst akzeptieren (Akzeptanz ist die Steigerungsform von Toleranz), dann müsste ich die Bibel entsprechend interpretieren (passend machen). Dies würde mir nur dann gelingen, wenn ich zum Beispiel der Meinung wäre, viele alttestamentlichen Bibelaussagen seien eben nur menschliche Vorstellungen, dem damaligen Zeitverständnis geschuldet und durch moderne theologische Wissenschaft nicht belegbar. Dann, aber auch nur dann, könnte zum Beispiel die Homosexualität auch ethisch auf dieser Grundlage einer neuen-modernen Bibelauslegung für Kirchenchristen akzeptabel werden. Und gerade in diesem Punkt unterscheiden sich meiner Meinung nach bibeltreue Christen grundlegend von denen, die ihren christlichen Glauben auf moderne theologische Wissenschaftsaussagen stützen. Selbst lehne ich die Aussage „Schriftverständnis: wörtlich oder ernst“ vehement ab, weil auch bibeltreue Christen ihre Glaubensauffassung sehr ernst nehmen, von Diskriminierung oder gar Ausgrenzung kann gar keine Rede sein. Gleichgeschlechtliche Partnerschaften in christlichen Religionsgemeinschaften (auch Kirchen) sind eben dort zu Hause, wo sie der Norm oder dem Toleranzbereich dieser Religionsgemeinschaften entsprechen. Als positive Beispiele für diese meine persönliche Auffassung Norm und Toleranz im christlichen Glauben sehe ich einmal die Leipziger Peters- und Bethlehems-Kirchgemeinden, sowie die Kirchgemeinden, die sich der sächs. Bekenntnisinitiative angeschlossen haben. Nach meiner Kenntnis wurden die Zugehörigkeiten zu den jeweiligen Glaubensrichtungen durch Abstimmungen in den Kirchgemeinden bestimmt. Diese Form der freien Kirchenmitgliederabstimmung könnte beispielgebend für alle Kirchgemeinden in der und den Landeskirchen sein. Es „allen recht zu machen“, geht einfach nicht mehr.
Das zu meiner persönlichen Meinung über Toleranz im christlichen Glauben.
Dieses Forum hier hat mich veranlasst, viel zu lesen, zum Beispiel die Erwiderung dieses Forums an die Sächs. Bekenntnisinitiative, die 20 Thesen auch zur Homosexualität von Herrn Dr. Meis, die Antwort darauf von Herrn Pfarrer Geipel und einen Aufsatz von Herrn Geller in dem Heft „Wort und Leben“, Nr. 59.
Wenn ich mit diesem Studium fertig bin, werde ich meine Antwort ergänzen, doch brauche ich noch etwas Zeit dazu.
Freundliche Grüße
Bernhard Buchmann
Frank Martin (Samstag, 20 August 2016 10:46)
Lieber Herr Wildenhain,
Ihre Fragen stelle ich mir auch. Und ich kann da nur für mich antworten: Wenn ich es nicht aushalte, das zu leben, was ich glaube, dann muß ich mich fragen, was mein Glaube taugt. Wenn andere für sich sagen: Mit diesem Menschen - also mir - will ich nicht in einer Kirche sein, müssen sie das für sich klären. Ich will das aushalten - ich kann andere dazu einladen, mehr nicht.
Dazu zwei Impulse. Es gibt von Johann Baptist Metz ein Büchlein "Jenseits bürgerlicher Religion". Darin stellt er das Christentum in seiner Radikalität als antibürgerliche Bewegung dar. Ein starker Gedanke: Es wird von Radikalität geredet, wo es nur um Rigorismus geht. Rigoros - so seine Definition - bin ich, wo ich von anderen etwas fordere. Radikal - das soll ich mir gegenüber sein. Dazu der zweite Impuls: Franz von Assisi hat genau das gelebt. Wenn die Brüder nicht mehr so leben, muß ich es umso mehr. Also: Es ist eine Anfrage an mich.
Was ich nicht machen werde: Kompromisse zulasten derer, die von der Rigorosität mancher bedroht oder diskriminiert werden.
Herzlich
Frank Martin
Sascha Wildenhain (Freitag, 19 August 2016 23:25)
Sehr geehrter Herr Martin,
ich hielte es für eine Katastrophe, wenn sich die sächsische Landeskirche wirklich spalten würde, denn die ganzen Probleme, die wir jetzt schon alle haben (jedes KV-Mitglied kann das sicherlich bejahen), würden dadurch nur noch verschärft werden. Aber ich möchte hier ganz offen aussprechen, dass ich in den zurück liegenden Monaten und hier vor allem auf dem (wohl leider vorläufigen?) Höhepunkt der Debatte um homosexuell empfindende Pfarrerinnen und Pfarrer ganz stark gedacht und gefühlt habe:
Diese Kirche wird sich spalten. Ich denke das momentan immer noch, ganz einfach weil ich es mir nicht vorstellen kann, dass viele von den im Raum stehenden fundamental gegensätzlichen Auffassungen gegenseitig ausgehalten werden können, ohne dass man sich gegenseitig zu Recht große Heuchelei vorwerfen müsste. Also ein wenig vergleichbar mit den klassischen "Flügelkämpfen" bei politischen Parteien jeder Couleur.
Die Frage ist für mich die: Was macht eigentlich unsere Kirche aus? Oder besser: Wie wird der Toleranzbegriff gelebt? Was braucht eigentlich jeder einzelne von uns, um das Wort Toleranz mit Leben zu füllen, ohne an unterdrückten Abneigungs- oder Hassgefühlen aufgrund von Verletztheiten seelisch zu ersticken?
Mit freundlichen Grüßen!
Sascha Wildenhain
Frank Martin (Freitag, 19 August 2016 17:06)
Sehr geehrter Herr Buchmann,
es ist ein Prinzip unseres Forums, daß Menschen sich selbst als fehlbar betrachten und daß Aussagen über Gott oft mehr über die aussagen, die diese Aussagen treffen als über Gott. Aufklärende Theologie in diesem Sinne klärt nicht über Gott oder den Glauben auf, sondern über unsere Be-Grenzungen. Der Glaube als existentieller Akt liegt tiefer als das Glauben – etwa an Dogmen, Bilder Denkmodelle. Für mich gehört dazu auch, daß ich mir als moderner – wenn auch nicht liberaler – Theologe über die Grenzen der modernen Theologie klar werde. Kant ging wohl davon aus – so ganz sicher bin ich mir da allerdings bei ihm nicht – daß es ein aufgeklärtes Zeitalter geben könne. Für sich und seine Zeit nahm er jedoch in Anspruch, in einem Zeitalter der Aufklärung zu leben. Ich meine, daß wir da niemals rauskommen – in dieser Welt. In der Schau Gottes mag dies anders sein. Nur gibt es dafür keine angemessene Sprache – denken Sie an Paulus, der von unaussprechlichen Worten spricht.
Zu den anderen Gedanken: Es ist eine alte und ehrwürdige Tradition in den katholischen und orthodoxen Kirchen, daß von Gott nur im Sinne einer Negativen Theologie etwas ausgesagt werden könne. Dieser Tradition fühle ich mich unbedingt verpflichtet. Von daher kann ich an dieser wichtigen Stelle keine Differenzen ausmachen. Das heißt aber nicht, daß wir unser Zusammenleben nicht je nach Notwendigkeiten gestalten. Unser Weltwissen reicht nicht an Gott, an die Theologie und die Kirche reicht es allemal. Da gibt es dann unterschiedliche Überzeugungen – das muß man aaushalten. Ich halte das aus und streite für meine Überzeugungen – ob das Katholiken, Evangelikalen oder Orthodoxen nun paßt oder nicht.
Daß die Bibel immer als wörtlich zu nehmende Grundlage des Glaubens betrachtet worden sei, halte ich für ein nicht verifizierbares Gerücht. Das galt vielleicht im Zuge der Reformation in der lutherischen Orthodoxie und ab dem 19. Jh in den sogenannten erwecklichen Gruppen. Aber selbst dort gab es immer erstens einen sehr kreativen Umgang mit der Bibel und zweitens viele nur aus der jeweiligen Zeit heraus zu verstehende Interpretationen, die dann gleichfalls als quasigöttlich galten. Das muß man nicht ernst nehmen.
Die Landeskirchen leben gut von einem ihnen freundlich gestimmten Staat, aber der Staat lebt auch gut mit Kirchen, die ihn nicht infrage stellen. Wenn sich das ändert, wird sich wieder einiges ändern – das schreckt mich als Christen mit DDR-Erfahrung aber nicht so sehr.
Nun aber zum Eigentlichen: Ich frage mich, was die Rede von den sich trennenden Glaubensgemeinschaften für einen eigentlichen Grund hat. Diese Vorstellung hatte hier ja schon ein anderer aufgeworfen. Es gibt gute Gründe dafür, daß wir in den Landeskirchen verbunden bleiben. Es gibt auch gute Gründe für die Bundes-Republik, obwohl ich uns Sachsen im Moment etwas peinlich finde. Es gibt auch gute Gründe für eine EU, die ich auch an vielen Stellen problematisch finde.
Was also soll die Rede, daß wir uns in kleine Gruppen aufteilen sollen? Was, Herr Buchmann, ist Ihr und Axel Mehlhorns Interesse?
Mit freundlichen Grüßen
Frank Martin
P.S. Wenn Sie für die eine oder andere Aussage Literaturhinweise wünschen, gebe ich die Ihnen gern.
Bernhard Buchmann (Freitag, 19 August 2016 11:50)
Sehr geehrte Frau Dr. Mette,
vielen Dank für Ihre Erläuterungen zu dem Begriff „aufklärende Theologie“.
Dazu meinerseits zwei Hinweise:
- Da dieser Begriff „aufklärende Theologie“ relativ neu ist und von Ihrer Forums-Bewegung hauptsächlich geprägt wurde, wäre es sinnvoll, wenn Ihre Erläuterung dazu in ein Nachschlagewerk (z.B. Wikipedia) aufgenommen würde.
- Ich würde es auch als sehr hilfreich ansehen, wenn Sie Übereinstimmungen oder Gegensätze zu den allgemein feststehenden Begriffen „liberale Theologie“ und „moderne Theologie“ noch beschreiben würden.
Gern möchte ich Ihnen noch einige persönliche Anregungen zu den Zielen Ihrer Forums-Bewegung und zur Situation der ev. Kirchen aus meiner persönlichen Sicht abgeben.
Meiner Ansicht nach befindet sich nicht nur die sächsische ev.-luth. Landeskirche, sondern alle evangelischen Landeskirchen in Deutschland in einem kolossalen Umbruch bezüglich ihrer grundsätzlichen Glaubensgrundlagen. Galt noch vielleicht bis vor 20 Jahren die wörtlich zu nehmende Bibel als hauptsächliche Grundlage für viele Landeskirchen, so hat sich dies gewandelt, hin zur liberalen und weiter zur modernen Theologie als Glaubensgrundlage der meisten ev. Landeskirchen. Begründer wird dies immer wieder mit dem Eingehen oder Anpassen an die jeweilige gesellschaftliche Entwicklung. Aber nicht alle Mitglieder und Kirchengemeinden in den ev. Landeskirchen gehen diesen jetzigen Weg der Anpassung an die jeweilige gesellschaftliche Entwicklung mit und bleiben bei der wörtlich zu nehmenden Bibel als Grundlage ihres christlichen Glaubens. Daraus sind die vielen christlichen Bekenntnisbewegungen in Deutschland, innerhalb vieler ev. Landeskirchen und in Europa entstanden.
Dieses Auseinandergehen der Glaubensgrundlagen (liberale und moderne Theologie gegenüber der wörtlich zu nehmenden Bibel) innerhalb der ev. Landeskirchen ist keine Spaltung, sondern die legale Inanspruchnahme von Glaubensgrundlagen. Allerdings stellt diese Situation eine Spagat-Haltung der ev. Landeskirchenämter dar. Jeder weiß, dass niemand in einer Spagat-Haltung lange Zeit verharren kann. Damit meine ich, kein ev. Landeskirchenamt und kein ev. Landesbischof wird es ohne dauernde Richtungs-Auseinandersetzungen schaffen, beide Glaubenshaltungen zusammenzuhalten und „für alle da zu sein“. Zumindest die sächsische ev.-luth. Landeskirche hat ja mit ihrem Synoden-Beschluss von 2012, der das Zusammenleben von gleichgeschlechtlichen Pfarrerinnen- und Pfarrer-Paaren in Pfarrhäusern erlaubt, einen für mich fundamentalen Schritt zur de-facto-Anwendung der liberal-modernen Theologie als landeskirchliche Glaubensgrundlage vollzogen.
Daher meine ich, es wird über kurz oder lang dahin kommen, dass sich die Anhänger der doch wesentlich unterschiedlichen Glaubensrichtungen in den ev. Landeskirchen hin in selbständige Glaubensgemeinschaften (Kirchen) entwickeln und organisieren werden. Ich meine, es wäre ein Trugschluss, anzunehmen, dass sich z.B. mit der Wahl des jetzigen Landesbischofs in der ev.-luth. Landeskirche Sachsens „das Rad zurück gedreht“, dieser Synoden-Beschluss von 2012 aufgehoben und die totale Abkehr von liberal-moderner Theologie als allgemeine kirchliche Glaubensgrundlage vorgenommen werden könnte.
Fortsetzung folgt unten
Bernhard Buchmann (Freitag, 19 August 2016 11:48)
Fortsetzung - Teil 2.
Ein wichtiger und nicht zu unterschätzender Faktor ist für meine Überlegung die Tatsache, dass viele ev. (luth.) Landeskirchen den Charakter von Amtskirchen tragen, was sich aus der Geschichte heraus ergeben hat. Deutlich zu erkennen ist dieser Status auch daran, dass Kirchenaustritte vom staatlichen Standesamt vollzogen werden und nicht von den Landeskirchen selbst – wie es eigentlich sein müsste. Auch sind die ev.-theol. Fakultäten an den Universitäten in den jeweiligen Bundesländern, deren Studienabschlüsse wichtige Grundlagen für den Einsatz als ev. Pfarrer sind, Sache der staatlichen Kultusministerien. Nun hat eine Fakultät an den staatl. Universitäten ja meiner Meinung nach den Auftrag, zu forschen, und dies in Abstimmung und im Einklang mit staatlichen Interessen. So ist es nach meiner Meinung zu erklären, dass sich ev.-theol. Fakultäten mit ihren möglicherweise staatlich bezahlten Aufwendungen, solchen Forschungsthemen zuwenden, die z.B. die Bibel an die gegebenen gesellschaftlichen Anforderungen angleicht (um nicht anpassen zu sagen).
Im Umkehrschluss stellt sich mir die Frage, was würden die ev. Landeskirchen tun, wenn es keine ev.-theol. Fakultäten an staatlichen Universitäten mehr geben würde, weil dieses „geschichtliche Relikt“ nicht mehr zeitgemäß ist in unserer ja Evolutionsentwicklungs-geschichtlich geprägten Gesellschaft. Die ev. Pfarrer-Ausbildung müsste dann an Kirchen-eigenen Ausbildungsstätten vorgenommen werden. Und das dann auf welchen Glaubensgrundlagen? Liberal-moderne Theologie oder wörtlich zu nehmende Bibel? Mir schwirrt da manchmal der Satz im Kopf herum: wes Brot ich eß´, des Lied ich sing. Oder anders stelle ich mir die Frage: wie viel ev. Amtskirche brauchen wir eigentlich noch?
Zusammenfassend meine ich, das in einer aufgeklärten Gesellschaft wie unsere, jede ev. Glaubensrichtung ihren eigenen und selbständigen Platz haben sollte.
Abschließend möchte ich nur noch darauf hinweisen, dass es meines Wissens nach in allen katholischen und orthodoxen Kirchen keine oder sehr, sehr eingeschränkte Hinwendung zu liberal-moderner Theologie gibt und, dass diese katholischen und orthodoxen Christen den weitaus größten Teil der weltweiten Christenheit ausmachen – sind diese etwa weniger „aufgeklärt“?
Mit freundlichen Grüßen
Bernhard Buchmann
(ich gehöre keiner Bewegung an, sondern bin freier, überzeugter und dienender Christ)
Kathrin Mette (Donnerstag, 18 August 2016 21:26)
Sehr geehrter Herr Buchmann!
Gern antworte ich Ihnen auf Ihre Frage, weil es mir schon bei der Diskussion darüber, wofür unser Forum eintritt, wichtig war, den Bezug zur Aufklärung herzustellen. Warum ist mir das so wichtig? Wenn man von der Aufklärungstheologie spricht ist damit eine bestimmte Phase theologischer Theoriebildung im Blick, die v.a. ein ethisch orientiertes Religions- und Theologieverständnis vertreten hat. Das kann man im Einzelnen sehr kritisieren und es hat sich im Großen und Ganzen auch als nicht tragfähig erwiesen. Dennoch hat in dieser Epoche ein grundsätzlicher Perspektivwechsel Einzug ins theologische Denken gehalten, den ich für sehr bedeutsam halte. Ich meine damit zum einen die auf die biblischen Texte und die christlichen Dogmen bezogene Erkenntnis, dass wir es hier mit Größen zu tun haben, die sich von der Geistestätigkeit des Menschen nicht ablösen lassen, sowohl hinsichtlich ihrer Genese als auch ihrer Rezeption. Darin liegt die Einsicht beschlossen, dass jedes Dogma, jeder Glaubenssatz und jedes christliche Symbol seine eigene Geschichte hat, deren Kenntnis beim Verstehen dieses Dogmas, Satzes oder Symbols hilft. Viele Menschen können zum Beispiel nur wenig mit dem Trinitätsdogma anfangen. Sie verstehen es nicht. Es ist ihnen zu abstrakt. Wenn man sich aber einmal damit beschäftigt, warum Menschen auf den Gedanken gekommen sind, Gott gleichermaßen als Vater, Sohn und Geist zu fassen, welche Erfahrungen sie damit "auf den Begriff" zu bringen versuchten, wie sie mit dieser Vorstellung gerungen und ihr schließlich die uns heute überlieferte Gestalt gegeben haben, dann sieht man plötzlicher klarer und kann mit dem trinitarischen Dogma viel mehr anfangen. Es ist wie mit den Menschen, die uns begegnen. Wenn wir deren Lebensgeschichte kennen, verstehen wir sie meist auch viel besser.
Zum anderen geht es mir beim Bezug auf die geistesgeschichtliche Bewegung der Aufklärung aber auch darum, dass sie die Einsichtigkeit der religösen und theologischen Gehalte als Kriterium für den theologischen Diskurs bzw. die individuelle Aneignung der Gehalte durch die Gläubigen legitimiert hat. Wir sind nun einmal als gläubige Christinnen und Christen zugleich rationale Wesen, die danach fragen ob eine bestimmte theologische Vorstellung in sich stimmig ist oder sich mit unseren anderen Glaubensüberzeugungen verträgt.
Nun hätten wir natürlich statt von "aufklärender Theologie" auch von "aufgeklärter Theologie" sprechen können. Aber wir haben uns dagegen entschieden, u.a. deswegen weil dieser Prozess, in dem wir nach der Geschichte und der Einsichtkeit unseres Glaubens fragen, ja keineswegs abgeschlossen ist, sondern immer noch andauert.
Bernhard Buchmann (Mittwoch, 17 August 2016 17:03)
Danke, bis bald.
Frank Martin (Mittwoch, 17 August 2016 09:06)
Lieber Herr Buchmann,
gern. Lassen Sie mir bitte ein wenig Zeit.
Herzliche Grüße
Frank Martin
Bernhard Buchmann (Montag, 15 August 2016 11:55)
Sehr geehrte Damen und Herren vom Forum für Gemeinschaft und Theologie,
schade, dass es momentan nicht mehr möglich ist, Kommentare allgemeinen Inhalts, die aber Ihr Forum betreffen, auf der Starseite hier einzustellen.
Deshalb schreibe ich an Sie unter dieser Rubrik „Wörtlich oder ernst“.
In allen Ihren bisherigen Veröffentlichen auf verschiedenen WEB-Seiten geben Sie Ihre Zielstellungen an unter „Wer wir sind und was wir wollen“.
Eine dieser Ihrer Zielstellungen ist es, dass sich für eine „aufklärende Theologie“ ein starkes Zeichen setzen wollen.
Bekannt sind mir Definitionen und Erläuterungen zu den Begriffen „historisch-kritische Theologie“, „liberale Theologie“ und „moderne Theologie“. Nichts Erklärendes habe ich zu dem von Ihnen wiederholt verwendeten Begriff „aufklärende Theologie“ gefunden.
Können Sie mir bitte mitteilen, was Sie unter „aufklärender Theologie“ verstehen?
Mit freundlichen Grüßen
Bernhard Buchmann
Frank Martin (Dienstag, 26 Juli 2016 11:05)
Sehr geehrter Herr Mehlhorn,
da Sie sich aus der Diskussion verabschieden, verzichte ich auf Erläuterungen zur Frage nach der Kirche als soziologischen Notwendigkeit. Nur ein Hinweis noch: Der ursprüngliche Adressat lebt in einer Gegend, wo Pfarrer*innen von 2 – 3 Gemeinden träumen.
Ansonsten noch einen Tip: Weder die Kirchen- & Theologiegeschichte noch die Philosophie fangen mit Kant an noch enden sie mit ihm. Vieles, was uns heute beschäftigt, ist nicht neu – manches schon. Vor allem gab es immer schon große Unterschiede zwischen einzelnen Glaubenden und zwischen Gemeinden – auch und gerade zu Kants Zeiten. Und da stellt sich mir nun die Frage, was wirklich Ihr Interesse ist, wenn Sie Ihre Visionen hier vorstellen. Aber da Sie sich ja zurückziehen, spielt das keine Rolle mehr.
Mit freundlichen Grüßen
Frank Martin
Anna Rietzschel (Montag, 25 Juli 2016 20:50)
Hallo Herr Mehlhorn,
es liegt mir völlig fern, Sie in irgend eine Ecke zu stellen. Es wär schade, wenn die Diskussion schon wieder zu Ende wär, bevor sie so richtig begonnen hat.
Ich möchte Sie im Sinne der Sache gern ermuntern, weiter dabei zu bleiben, würde mich freuen.
Viele Grüße Anna Rietzschel
Sascha Wildenhain (Montag, 25 Juli 2016 19:24)
Hallo Herr Mehlhorn,
warum denn gleich so abrupt wieder davon gehen? Bleiben Sie doch bitte in der Diskussion, Ihre Beiträge sind doch gut! (Finde ich). Ich habe das gar nicht so verstanden, dass Sie in die rechte Ecke gestellt werden sollen, Frau Rietzschel hat das so auch nicht geschrieben.
Aber zur Sache: Wenn ich es zugespitzt philosophisch/ theologisch für mich betrachte, dann sage ich: Niemand und nichts wird verloren gehen, alles wird sich in Gott wieder finden (Die Lehre von der Wiederbringung aller Dinge). Aber das nützt uns ja nichts, weil wir uns hier auf der Erde für die Lebensjahre einrichten und irgendwie miteinander klar kommen müssen. Ich denke, der unerhört qualvolle und schwierige Entstehungsprozess mit seiner ganzen wechselvollen Geschichte, DER UNS ERST EINMAL BIS HIERHER GEBRACHT HAT, der hat doch seinen tieferen Sinn, oder? Klar kann immer weiter und weiter fraktioniert werden, aber ist denn an dem, was Frank Martin geschrieben hat, nicht auch viel Wahres dran? Ist nicht schon genug Wüste um uns herum?
Mit freundlichen Grüßen
Sascha Wildenhain
Axel M. (Montag, 25 Juli 2016 18:47)
Sehr geehrte Frau Rietzschel,
Ihre Hinweise auf die Nazi-Zeit in Ihrer Antwort an mich haben mich gestört, deshalb breche ich mit großem Bedauern die hier bisher gut angefangene Diskussion ab.
Ich hatte niemals etwas für Nazis und ihre Ideologie übrig und das bleibt auch so.
Liebe Frau Mette,
Ihre wenn auch kurze Antwort hat mich sehr gefreut, weil Sie sicherlich eine fröhliche und lustige Pfarrerin sind, das gefällt mir. Eigentlich wollte ich nun die „Ring frei“ zur Diskussionsrunde 2 einläuten, aber leider entfällt das nun.
Lieber Herr Martin,
Die Kirchen (kath. u. ev.), wie wir sie haben, sind aus meiner Sicht keine soziologische Notwendigkeit, sondern vielmehr organisatorische Folgen christlich-soziologischer Gesellschaftsformen. Zwecks Klarstellung: ich habe zu „Reisepredigern“ keinen Bezug, ich kenne diese Pfarrer-Form nicht. Ich weiß nur, dass verschiedentlich manche Pfarrer sonntags in zwei oder drei Kirchgemeinden hintereinander Gottesdienst halten. Vielleicht könnte man dies als „Reiseprediger“ bezeichnen, um etwas scherzhaft zu sein.
Liebe Forums-Leser,
ich gehe davon aus, dass die Diskussionen hier von vielen interessierten Leuten gelesen werden.
Deshalb noch ein Nachsatz (-Sätze) zu meinem im voran gegangenen Diskussionsbeitrag beschriebenen Szenario.
Es handelt keinesfalls um Kirchenspaltung.
Tatsache aber ist es, dass es in der sächs. Landeskirche und in Religionsgemeinschaften zahlreiche Kirchgemeinden gibt, die aufklärende Theologie handhaben, also nicht nur die mir bekannten zwei Leipziger Forums-Kirchgemeinden. Ich persönlich zähle zu den Kirchgemeinden mit Handhabung aufklärender Theologie auch die Kirchgemeinden, die sich „landläufig“ zu liberaler oder moderner Theologie rechnen. Also schon eine beträchtliche Anzahl.
Dem gegenüber kenne ich viele Kirchgemeinden in der sächs. Landeskirche und in Religionsgemeinschaften, die anerkennen, dass die Heilige Schrift (die Bibel) Gottes Wort ist. Zu diesen Kirchgemeinschaften gehören meiner Meinung nach auch diejenigen, die eine charismatische Glaubens- und Gottesdienstausprägung haben und sich in verschiedenen Glaubenspunkten grundlegend von der aufklärenden Theologie unterscheiden.
Für mich persönlich zeigen die getrennten Entwicklungen beider gerade beschriebenen Glaubens- und Theologierichtungen keine Vereinbarkeit. Gerade deshalb bin ich nach wie vor davon überzeugt, dass jeder seinen eigenen Weg geht.
Bestärkt werde ich bei dieser meiner Überlegung von dem erkenntnistheoretischen Werk Immanuel Kants die „Kritik der reinen Vernunft“, welches gewissermaßen für mich auch eine Leitlinie für mein Denken und Handeln geworden ist.
Deshalb ergibt sich für mich die Frage, ob wir realen Gegebenheiten nicht offen redend und diskutierend ins Auge sehen dürfen, ohne gleich in irgendwelche Ecken gestellt zu werden.
Das Christentum insgesamt ist weltweit die größte Religion, danach kommen erst das Judentum und der Islam. Wenn dann in Szenarien und Visionen über Gestaltungen der ev., luth. und ref. Kirchen in Deutschland nachgedacht wird, dann ist das in jedem Fall begrüßenswert und kein Privileg des „Kirchen-Adels“.
Diese Art Strukturwandel nach real-soziologischen Gegebenheiten würde eigentlich auf und für alle evangelischen und reformierten Landeskirchen in unserer Bundesrepublik zutreffen. Sie könnten alle nach neuen christlich-soziologischen Gegebenheiten zentral organisiert und aufgebaut werde. Nebenbei bemerkt: trotz Stelleneinsparungen in den jetzigen Kirchenführungen würde niemand arbeitslos werden. Der soziale Aspekt wäre also in jedem Fall berücksichtigt.
Liebe Leser, das war eine - meine Vision zum Gedanken: wie soll es 500 Jahre nach Luthers Reformation weitergehen? Und dient zum Nachdenken bei denen, die auf die Vernunft setzen.
Nicht mehr: in diesem Sinne, sondern, lebt alle wohl
Euer
Axel, der „Kirchen-Philosoph“
Anna Rietzschel (Montag, 25 Juli 2016 15:44)
Lieber Herr Mehlhorn,
danke für die Gedanken, die Sie sich gemacht haben. Wie gesagt, miteinander reden ist gut, der erste Schritt, sich zu verstehen.
Ich persönlich halte eine solche Kirchenspaltung für gefährlich. Mich erinnert das an die Zeit des Nationalsozialismus, als dies unumgänglich war, weil die Nazis mit dem Arierparagraphen die Juden aus den Kirchen ausgeschlossen haben und es unversöhnliche Gegensätze gab. So sehe ich unsere Situation nicht. Ich würde mich freuen, wenn wir es trotz unterschiedlicher Meinungen über bestimmte Dinge unter einem Kirchendach aushalten könnten im Sinne und im Geiste Jesu Christi. Das beinhaltet aber den gegenseitigen Respekt. Es darf niemand diskriminiert werden aus Gründen des Geschlechtes, der Hautfarbe oder der sexuellen Neigung usw. Wir sollten uns immer bemühen, im Menschen neben uns die Schwester und den Bruder zu erkennen. Sonst klappts nicht und wir müssen wirklich das Handtuch durchschneiden. Gott möge verhindern, dass es soweit kommt und uns die Kraft und den Willen geben, das zu bewirken.
Herzliche Grüße Anna Rietzschel
Frank Martin (Montag, 25 Juli 2016 12:53)
Sehr geehrter Herr Mehlhorn,
ja, es gibt praktische Gründe. Die liegen aber für mich nicht in den Eigentumsverhältnissen begründet. Die Kirche, wie wir sie haben, ist eine soziologische Notwendigkeit. Da geht es aber nicht um Inhalte. Die spielen für uns eine wesentliche Rolle. Und die spielen sich in der Organisationsform ab - klar. Aber die Notwendigkeit der Organisation jenseits der Inhalte halte ich für fundamental. Dazu ein paar Gedanken aus einem anderen Kontext:
"Keine Heilsnotwendigkeit ist die Kirche, aber sie ist eine soziologische Notwendigkeit. Wissen Sie, was passiert, wenn auch noch der Pfarrer wegfällt, der bei Ihnen heute schon als Reiseprediger unterwegs ist? Die Kirchen sind die letzten öffentlichen Kommunikationsräume in weiten Teilen Ostdeutschlands. Jeden Sonntag Livemusik. Jeden Sonntag wird gelesen – aus der Bibel! Und manchmal bewirkt ein Wort aus der Bibel großes – wenn der Geist hineinfährt. Wie viele Kinder lernen ein Instrument – und ich weiß, wie jämmerlich Flöten klingen können? Ja, es ist oft erbärmlich – auch das hat etwas mit Erbarmen zu tun. Die Neuen Atheisten lachen über uns – aber sie sitzen in den (großen) Städten. Die Freikirchen lachen über uns – aber sie sitzen in den Kleinstädten. Nur die Kirchen sind noch überall. Wissen Sie, was das heißt? Was das bedeutet? Die verfassten Großkirchen – und in Ostdeutschland eigentlich nur noch die Evangelische Kirche ist eine soziologische Notwendigkeit. Nun kann der real existierende Christ sagen: Was geht mich das an? Aber der real existierende Christus spricht: Barmherzigkeit habe ich gewollt, nicht Brandopfer! Für mich: Nicht kultige Reinheit; nicht existentielles Hochgefühl, sondern die Bereitschaft, dort zu sein, wo niemand sonst sein will. Die fehlt mir leider. Ich versuche meins, wo ich bin. Aber ich weiß, was es heißt: Dort sein, wo sonst niemand mehr sein will."
Deshalb, sehr geehrter Herr Mehlhorn, halte ich die SBI aus - dazu können Sie gern den Toleranz-Text unter Kirchenpolitik lesen. Und wenn Sie wollen, können wir diese Gedanken auch noch vertiefen. Das würde dann aber eine sehr lange Reise.
Mit freundlichen Grüßen
Frank Martin
Kathrin Mette (Montag, 25 Juli 2016 11:42)
Lieber Herr Mehlhorn, wir "dulden" alle Äußerungen, solange sie niemanden persönlich beleidigen oder menschenverachtend sind.
Herzliche Grüße und Ring frei
K. Mette
Axel M. (Montag, 25 Juli 2016 11:25)
Hallo, werte Frau Rietzschel,
ich hatte mich hier im Forum schon mal zu Wort gemeldet. Ich teile Ihre Meinung, dass die Positionen zwischen den Vertretern der aufklärenden Theologie (dieses Forum) und denen, die anerkennen, dass die Heilige Schrift (die Bibel) Gottes Wort ist (auch als Fundamentalisten bezeichnet – egal ob gerechtfertigt oder ungerechtfertigt –), mehr als unterschiedlich sind. Ich halte diese Positionen als miteinander unvereinbar, aber, das ist meine persönliche Meinung.
Nun frage ich mich schon seit langem, weshalb es vernünftiger Weise keine organisatorische Trennung zwischen beiden Lagern gibt. Es wird – wie Sie es auch tun – darauf gesetzt, dass man miteinander auskommen kann. Das nun wieder glaube ich nicht, denn, dann würde es kein Forum und keine Initiative geben. Wozu beide „Unterorganisationen“ in einer Landeskirche? Normalerweise wäre das totaler Unsinn, wenn es eben nicht die unvereinbaren Standpunkte gäbe.
Deshalb habe ich auf der Basis meiner eigenen Meinung das nachfolgende Szenario überlegt und ich bin so frei-und-frisch, Ihnen und der Leserschaft dieses Szenario mitzuteilen:
Für die Aufrechterhaltung dieses Zustandes der (in meinem Sprachgebrauch) „Unterorganisationen“ wie aufklärende Theologie (Forum) und Initiative (SBI) in einer Landeskirche muss es daher nach meiner Überlegung noch andere wichtige Gründe geben, über die, so denke ich, niemand sprechen möchte – jedenfalls nicht öffentlich. Jedenfalls denke ich, dass die Hoffnung trügerisch wäre, eine der Lager könnte irgendwann mal aufgeben, dann hätte sich alles von selbst erledigt.
Könnte der Grund für diese in meinem Sprachgebrauch „Zwangsehe“ zwischen den Vertretern der aufklärenden Theologie (Forum) und denen, die anerkennen, dass die Heilige Schrift (die Bibel) Gottes Wort ist, nicht ein ganz praktischer sein?
Nach meinem Szenario-Verständnis stellt die Eigentumslage an örtlichen Kirchen und deren Grundstücken den vorhandenen „Gordischen Knoten“ dar. Gesetzt den Fall, jede Ortskirchengemeinde wäre Eigentümerin ihres Kirchengebäudes mit Grundstück, dann könnte es sehr schnell auch zwei neue Landeskirchen geben.
Am Ende meiner Szenario-Überlegungen komme ich immer wieder zum gleichen Schluss, dass
- es nicht zu erwarten wäre, dass die Lager
sich von selbst oder durch Verbot auflösen.
- es zur Bildung neuer – mindestens zweier –
landeskirchlichen Verbände nur mit
einvernehmlichen Eigentumsregelungen
kommen könnte.
- die rein theologischen Reden und
Gegenreden hier im Forum und anderswo
schlussendlich nicht zielführend sind.
- nun endlich bei Landeskirchenrat und Synode
diesen „Gordische Knoten“ lösen sollten.
Damit, liebe Frau Rietzschel und liebe Leser, endet für heute mein Szenario.
In diesem Sinne, Ihr und Euer
Axel M.
P.S.1: M. für Mehlhorn
P.S.2: bin gespannt, wie lange mein „Szenario“
hier „geduldet“ wird.
Sascha Wildenhain (Sonntag, 24 Juli 2016 20:51)
Hallo Frau Rietzschel,
vielen Dank für Ihre angenehmen Worte, schön, daß Sie den KFU erleben, ich wünsche Ihnen eine gute Zeit dort und auch sonst alles Gute!
Ach ja, wegen Ihres "PS"...ich bin sehr froh darüber, daß in diesem Forum hier großer Wert auf die sachliche Auseinandersetzung gelegt wird (sonst würde ich mich auch gar nicht erst beteiligen) und es ist ja ein Zeichen der Toleranz, daß diejenigen, die nicht den Mut aufbringen können, zu Ihren Meinungsäußerungen mit ihrem richtigen, vollen Namen zu stehen, auch unter Pseudonym posten können.
Mit freundlichen Grüßen!
Sascha Wildenhain
Anna Rietzschel (Sonntag, 24 Juli 2016 13:24)
Liebe Macher und Teilnehmer dieses Forums,
zunächst möchte ich allen danken, die sich aufmachen, eine freie und offene Diskussion zu führen, obwohl die Positionen ja mehr als unterschiedlich sind. Aber nur wenn man immer wieder auch die Gemeinsamkeiten betont, kann man miteinander auskommen. Und da haben wir hier ja alle schon viel: Wir glauben an Gott, an Jesus Christus. Er ist das Höchste für uns und das Doppelgebot der Liebe – liebe Gott und deinen Nächsten wie dich selbst- ist für uns alle eine selbstverständliche gelebte Tatsache.
Ich selbst bin erst im Alter von 47 Jahren über die Kirche „gestolpert“, nachdem ich all die Jahre vorher eher zu ihren Gegnern zählte. Jemand hatte mir etwas angetan und das waren katholische Christen. Sie urteilten hart über mich und grenzten mich aus. Ich dachte, muss ich doch mal in „deren“ Bibel nachsehen, ob das so im Sinne Gottes ist, was die da tun. Aber statt Rechtfertigung für meine Demütigung und den Hass, der sich dadurch bei mir angestaut hatte, fand ich – die Liebe! Noch im gleichen Jahr wurde ich getauft und bin seit dem aktives Mitglied unserer Landeskirche. Die Beschäftigung mit der „Schrift“ entfachte meine Neugier und die lässt mich bis heute nicht los. Im letzten September habe ich – wie Herr Wildenhain schon vor Jahren – mit dem KFU begonnen, bin also ein Lehrling der Theologie geworden. Von Null auf Hundert in fünf Jahren, ich staune selbst, wie sehr mich das mitgerissen hat.
Bei all dem ist es mir immer wieder wichtig, Kunde und Zeugnis zu geben, wie es mir gegangen ist, weil ich glaube, dass die Gemeinschaft mit Christus und seine Sicht, die Welt zu sehen, für uns alle gut und wichtig ist. Aber dies ist eine Sicht, die nichts mit Buchstaben-Glauben zu tun hat, sondern mit LIEBE. Er selbst gab sich mit den am Rande der Gesellschaft stehenden ab und ging dafür in den Tod. Alle Menschen, egal welcher Herkunft, Profession oder aus welchem Familienverband sie stammten, wenn sie nur glaubten, waren sie seine Freunde. Mir leuchtet deshalb auch nicht ein, was er gegen Homosexuelle gehabt haben könnte. Wenn sie glauben, sollen sie doch auch verkündigen, sollen sie mit uns leben, sollen sie unsere Welt und die Kirche bereichern mit ihren Gaben, die sie mitbringen und mit ihrer gelebten Liebe. Sie nehmen mir nichts weg, sie geben mir etwas. Deshalb verstehe ich manchmal die Standpunkte hier nicht ganz. Was steckt hinter der Homophobie? Es ist schändlich, was da getrieben wird an Ausgrenzung und Verurteilung. Jeder Christ, egal welcher Herkunft, Profession oder sexueller Orientierung sollte in unserer Kirche eine Heimat finden, weil Gott ihn so gemacht hat, wie er ist und weil Jesus Christus das bestimmt so gewollt hätte.
Anna Rietzschel
P.S Ich verstehe auch nicht, warum manche hier ihren Namen verbergen…
Frank Martin (Samstag, 23 Juli 2016 16:22)
Sehr geehrter Herr Gert ...?,
wenn die Bibel für Sie die Grundlage Ihres Glaubens ist, ist das in Ordnung. Ich hoffe für die Menschen, die in Ihrem Umfeld leben, daß Sie nicht alles umsetzen, was in der Bibel geboten wird.
Für andere Menschen ist das anders. Die orientieren sich an Jesus, der sehr oft mit der Bibel so umgegangen ist, daß die, die behauptet haben, die Bibel sei die Grundlage ihres Glaubens, ihn ans Messer – oder, damit keine Mißverständnisse aufkommen – ans Kreuz geliefert haben. Die Opfergeschichte der Fundamentalisten aller Religionen ist sehr umfänglich. Jesus war auch nicht das erste Opfer.
Daß die Bibel auf Jesus deutet, ist christliche Heuristik. Finde ich persönlich als Christ in Ordnung. Aber es ist ein von außen angelegter Maßstab.
Das Evangelistionsteam will ich hier nicht diskutieren. Wenn es Ihnen hilft, können Sie ja froh sein, daß diese Leute ihr Wesen treiben können. Für mich so viel: Was ich von ihnen zur Kenntnis nehmen mußte, würde mich dazu bringen, sie in meinem Einflußbereich keine Bühne zu bieten. Aber das macht unsere Landeskirche ja aus, daß da verschiedene Überzeugungen Platz haben.
Mit freundlichen Grüßen
Frank Martin
Frank Martin (Samstag, 23 Juli 2016 16:13)
Sehr geehrter Herr Bahrt,
wir haben uns vorgenommen, eine sachliche Auseinandersetzung zu führen - obwohl ich um die Grenzen weiß, bemühe ich mich. Allerdings weiß ich nicht, worauf ich bei Ihnen reagieren soll. Das kann daran liegen, daß Sie gar keine Auseinandersetzung wünschen, weil Sie schon alles wissen. Das würde dann meine Ausführungen bestätigen. Oder Sie mußten sich erst mal freimachen. Dann könnten Sie ja jetzt schreiben, was Ihnen nicht behagt.
Mit freundlichen Grüßen
Frank Martin
Sascha Wildenhain (Samstag, 23 Juli 2016 12:31)
Hallo Gert,
ja, ich muss auch aufpassen, dass ich mir keinen Ärger einhandle, wenn ich so lange hier im Forum schreibe, ich möchte Ihnen aber doch antworten. Zuerst möchte ich mitteilen, dass ich es gut finde, das wir uns sachlich und ohne Schaum vorm Mund streiten können, so soll es sein.
zu 1. Herrn Kaufmann unterstelle ich gar nichts. Ich nehme in den (leider oftmals sehr verhärteten) Diskussionen, die zwischen den "liberalen" und den "fundamentalen" Christen geführt werden, oft die Tendenz wahr, dass es zumindest EIN unüberwindbares Hindernis für beide Seiten gibt:
Wenn Menschen, die von sich aus den Zugang zu theologischer Bildung gesucht und diese dann auch in sich aufgenommen haben, zu bestimmten Aussagen, die in der Bibel gemacht werden, ein viel tieferes Verständnis, für das was mich ansprechen soll, bekommen, dann kommt es in der Diskussion mit Menschen, die "nur" (nicht wertend gemeint) erst einmal die Bibel durchlesen (habe ich früher auch gemacht) und denen dabei keine Fragen kommen, oft zu einer großen Kluft. Ein sehr guter Vergleich ist vielleicht die Geschichte mit dem Farbanstrich. Stellen Sie sich vor, in Ihrem Garten steht schon seit Ewigkeiten eine grün gestrichene Bank. Sie kennen das gar nicht anders und würden immer (berechtigterweise) sagen: In meinem Garten steht eine grüne Bank. Eines Tages möchten Sie die Bank neu streichen und Sie fangen an, die Oberfläche zu bearbeiten zur Vorbereitung. Auf einmal machen Sie die überraschende Entdeckung, dass sich UNTER der grünen Farbe noch mindestens 3,4,5 oder noch mehr Farbschichten befinden, die uralt sind, die Bank hat quasi zu unterschiedlichen Zeiten ganz unterschiedlich ausgesehen, bevor Sie sie als grüne Bank kennen gelernt haben. So (ich finde den Vergleich ganz gut und will hier auch nichts ins Lächerliche ziehen) ähnlich ist es auch mit alten Schriften. WIR heute Lebenden sehen ein dort nieder geschriebenes Wort, aber -und das ist die Frage- wissen wir denn wirklich immer ganz genau, wo das Wort herkommt, wer es wann wie und in welchem Zusammenhang aufgeschrieben hat, ob es universelle- über alle Zeiten und für alle Menschen gültige Bedeutung hat? Hier ist meine Meinung ganz klar: JEIN!
Ein jeder soll nach seiner Facon selig werden, ich unterstelle hier niemandem etwas, aber in der sachlichen Auseinandersetzung haben diejenigen, die sich theologisch weiter bilden, einen geweiteten Blick für bestimmte Themen, eben weil sie angefangen haben, unter das GRÜN zu schauen.
2. Gott schaut das Herz an, daran glaube ich fest.
3a) Schön.
3b) Lag nicht in meiner Absicht.
4.Danke dafür, das Sie in der Erwiderung keine aggressiven Worte gewählt haben, das erleichtert mir die Auseinandersetzung ungemein.
Der Flyer existiert (er ist schon etwas älter), darin wird sich über die "Homos" ausgelassen. Gerne per Mail, Sie können aber auch im Evangelisationsteam nachfragen, es wird ja sicherlich alles archiviert.
Ich halte den Beschluss der Landeskirche, dass es in der Entscheidungsfreiheit des jeweiligen KIRCHENVORSTANDS liegen soll, ob ein homosexuell empfindender Mensch die Pfarrstelle einnehmen soll oder nicht, für sehr klug. Das hätte auch gut funktioniert. War aber für einige Menschen leider nicht "hart" genug und das ist das Problem. Zur "gelebten Homosexualität" und ob Sie dem Willen Gottes entspricht: wahrscheinlich ist es so, wie Sie schreiben, da kommen wir möglicherweise nicht zusammen. Nur noch soviel: Wer sind wir, dass wir uns wirklich anmaßen wollen, in den intimsten Lebensbereich von Menschen hinein zu politisieren? Das kann überhaupt nicht angehen, ich weiß auch, wie schlimm diese Menschen unter dieser unsäglichen Debatte leiden.
Das ist Diskriminierung und die gehört bekämpft, dabei bleibe ich. Ist bei uns in Deutschland übrigens auch gesetzlich geregelt, hauptsächlich ursächlich als Lehre aus der NS- Zeit, in der die KZ-Haft durch verbale Stigmatisierung eingeleitet wurde.Ich stimme Ihnen zu, den "Vorgang" nicht weiter öffentlich zu thematisieren, habe auch lange mit mir gerungen, dies zu tun, aber- und das können Sie mir wirklich abnehmen- mir geht es um das Leid dieser Menschen, das durch diese unsägliche Debatte nicht kleiner wird. Es wird sich wahrscheinlich in absehbarer Zeit für mich keine Möglichkeit ergeben, die "andere Seite" zu hören, es sei denn man sieht sich am 27.08. in Leipzig zum Forumstag.
5. Mit Hauskreisen habe ich leider schlechte Erfahrungen gemacht.
In meiner letzten Predigt, in der es um die Urgemeinde ging (Apg 2, 41a.42-47) habe ich das Thema "Hauskreis" auch mit angeschnitten. Ich wünschte mir, dass es sich ereignen würde, dass MENSCHEN EINFACH MAL SO sich begegnen, sich füreinander interessieren, sich gegenseitig bewirten und wertschätzen
UND DANN, da bin ich mir sicher, in so einer liebevollen Atmosphäre, würden sich auch Gespräche über Gott entwickeln.
Mit freundlichen Grüßen
Sascha Wildenhain
Gert (Samstag, 23 Juli 2016 10:17)
Hallo Herr Wildenhain,
zu 1
Sie haben an Herrn Kaufmann unter anderem geschrieben: „ Was- in aller Welt- ist denn eigentlich so schlimm an theologischer Bildung? “. Damit unterstellen Sie (zumindest indirekt) doch, dass er theologische Bildung schlimm findet. Oder sehe ich das falsch?
Zu 2
Es geht nicht nur um mich. Es geht darum, ob ein Christ erst bestimmte intellektuelle Voraussetzungen erfüllen muss, ob er „theologisch gebildet“ sein muss, um Gottes Stimme aus der Bibel zu vernehmen.
Zu 3 (a)
Zustimmung
zu 3 (b)
Sie drehen mir das Wort ganz schön im Munde um.
Ich finde es keineswegs „schlimm, studieren zu können, um sich im Wissen über unseren christlichen Glauben weiter zu entwickeln“. Ich habe geschrieben: „Es wäre schlimm, wenn ich erst studieren müsste, um Glaubensdinge zu verstehen“.
Den Unterschied sollten Sie eigentlich erkennen.
Zu 4
Den von Ihnen angesprochenen Flyer würde ich gern mal lesen.
Ich vermute aber, dass das, was Sie als Hetze gegen homosexuelle Menschen bezeichnen, der Hinweis ist, dass gelebte Homosexualität nicht dem Willen Gottes entspricht. Ich weiß, dass Sie das anders sehen. Aber bedenken Sie bitte:
- Dies ist die Auffassung von einer großen Mehrheit der Christen weltweit
- Dies war bis vor wenigen Jahren auch Auffassung der EVLKS
- Diese Auffassung ist im Ergebnis des Gesprächsprozesses ausdrücklich eine legitime Haltung innerhalb unserer Landeskirche.
Zu dem „geouteten Mitstreiter“:
Ich kenne die Vorgänge. Aus Achtung vor dem Beteiligten, sollten wir die öffentliche Diskussion nicht ausweiten. Nur soviel dazu: Sie sollten auch die andere Seite hören um sich ein umfassendes Urteil erlauben zu können.
Sie schreiben: „Leider kommt oft die unreflektierte Keule mit Hölle, Teufel, Gericht und ewige Verdammnis hinterher.“.
Haben Sie eine Verkündigung vom Mitarbeitern des Evangelisationsteams erlebt? Wenn von diesen Dingen die Rede ist, dann bestimmt, um auf Jesus hinzuweisen, der uns genau davon erlöst hat.
Zu 5)
Ich mache die Erfahrung mit meiner liberalen Gemeinde, dass ich geistlich verhungern würde, wenn ich nicht meinen Hauskreis hätte, wenn ich nicht gelegentlich bewusst bestimmten Verkündigern hinterher reisen würde und wenn ich nicht ab und zu freie Gemeinden besuchen würde. Hier in Dresden hat man als pietistisch oder charismatisch geprägter Christ in der Landeskirche einen schweren Stand.
Ich merke gerade, dass mich eine intensive Beteiligung an der Diskussion zeitlich überfordert. Ich werde deshalb nicht auf jede Erwiderung ausführlich antworten können.
Sascha Wildenhain (Freitag, 22 Juli 2016 22:21)
Hallo "Gert" (Die Gänsefüßchen deshalb, weil ich nicht weiß, ob das ihr richtiger Vorname ist, was ich aber hoffe.)
1. Mit meiner Antwort an Herrn Kaufmann habe ich ihm nicht unterstellen wollen, dass er "gegen Bildung" sein könnte-ich kenne doch Herrn Kaufmann gar nicht persönlich-, jedoch weiß ich aus eigener Erfahrung, dass viele Fragen, die einem beim Bibellesen kommen können, nun mal nicht so ohne weiteres von einem selbst beantwortet werden können, das zumindest ist meine bisherige Lebenserfahrung.
2. Natürlich kann ich Ihnen zustimmen, wenn Sie schreiben, dass Sie
FÜR SICH auch ohne theologische Vorbildung Gottes Willen aus seinem Wort erkennen können.
3. Während meines Studiums,auch schon davor und auch jetzt immer noch habe ich geschaut, mit welchen Leuten Jesus sich abgegeben hat, es waren die "Verlierer", die Menschen, die sich durchs Leben kämpfen mussten, die "Schwachen und Kranken" (die Gänsefüßchen setze ich deshalb, weil ich weiß, dass nur unsere kalte menschliche Herzlosigkeit die NICHT STARKEN und NICHT ERFOLGREICHEN als "schwach" und "krank" bezeichnet, das wäre ein längerer philosophischer Austausch wert, um über dieses Thema zu sprechen...). Das waren in der Regel keine gebildeten Menschen, aber sie haben sofort genau gefühlt, dass da einer erschienen war, der sich ihnen wirklich widmet und seine ganze Kraft drangibt. In der Seelsorge und den unterschiedlichen Psychotherapieformen gibt es ein ganz zentrales und wichtiges Element der Aktivierung der EIGENINITIATIVE des erkrankten Menschen, nämlich dass dieser vom Therapeuten vor Therapiebeginn gefragt wird, was das Ziel der Therapie sein soll. Jesus hat das ins Werk gesetzt mit der einzigen Frage an den Heilungsbedürftigen:
Was willst du, dass ich dir tun soll?
3. Ich bedaure es, dass Sie es "schlimm" finden, studieren zu können, um sich im Wissen über unseren christlichen Glauben weiter zu entwickeln, ist aber ganz allein ihre Angelegenheit.
4.Ob mein Bild vom Evangelisationsteam
"Quatsch" und "schlichtweg falsch "ist, kann ich nicht objektiv beurteilen, Sie können das in diesem Fall sicher besser als ich. Was ich aber kann- und das muss auch sein- ist das benennen von FAKTEN. Es ist leider Fakt, dass Herr Scheufler in einem seiner Flyer, die er als verantwortlicher Leiter des Evangelisationsteams heraus gibt, öffentlich über homosexuelle Menschen hetzt. An dieser Stelle ist für mich eine rote Line eindeutig überschritten. Mal abgesehen von den unterschiedlichen Meinungen, die "man" haben kann, so dachte ich bisher immer, dass es ausgerechnet die Christen sein sollten, die nicht richten und nicht den ersten Stein werfen sollen, oder IRRE ich hier? Wissen Sie, das Evangelisationsteam hat längere Zeit einen hochsensiblen Menschen als Mitstreiter gehabt, der irgendwann die Kraft gefunden hat, zu seiner Homosexualität zu stehen und sich zu outen. Ich kenne diesen Menschen persönlich. Die Konsequenzen, die er daraufhin in Kauf nehmen musste, waren Ächtung, Verachtung, Diskriminierung und ein völliger Bruch der übrigen Beteiligten mit ihm. Ist dies christliches Verhalten? Ich meine: Nein, ist es nicht. Ansonsten bleibt es jedem unbenommen, sich seine eigene Meinung zu Zeltevangelisationen zu bilden. Eine Handreichung: Ich finde es im Grunde total schön und bewahrenswert, wenn Menschen Gitarre spielend und singend den suchenden Menschen etwas von dem unerhörten Geschehen der Menschwerdung Gottes nahebringen. Leider kommt oft die unreflektierte Keule mit Hölle, Teufel, Gericht und ewige Verdammnis hinterher. So geht das nicht. SO werden wir den Suchenden nicht dabei helfen können, zum Glauben finden zu können (was sowieso Gott macht, sagt übrigens auch Luther).
5. Schade, daß "liberal" für Sie so negativ besetzt ist. Welche schlechten persönlichen Erfahrungen haben Sie denn mit "liberalen Christen" (immer diese Etikettierungen, bin ich eigentlich gar kein Freund davon, aber sei es drum...) gemacht?
Mit freundlichen Grüßen
Sascha Wildenhain (mein richtiger Vor- und Zuname)
Gert (Freitag, 22 Juli 2016 17:26)
Herr Martin,
bitte spielen Sie doch nicht Jesus gegen die Bibel aus.
Die ganze Bibel, auch da AT, deuten auf Jesus hin. Und Jesus war Jude, für ihn war das AT ganz ohne Frage Wort Gottes. Immer wieder bezog er sich darauf und erklärte es.
Natürlich ist die Bibel Grundlage meines Glaubens, genauso wie Jesus. Beides lässt sich nicht trennen.
@Herr Wildenhain
Ich kenne zwar Herrn Kaufmann nicht, aber er ist ganz bestimmt nicht gegen Bildung. Auch als nicht theologisch gebildeter Bibelleser kann ich Gottes Willen aus seinem Wort erkennen. Schauen Sie mal, mit welchen Leuten sich Jesus abgegeben hat. Es wäre schlimm, wenn ich erst studieren müsste, um Glaubensdinge zu verstehen.
Was Sie für ein Bild vom Evangelisationsteam schreiben ist nicht nur Quatsch sondern es ist schlicht falsch. Ich habe verschiedene Mitarbeiter erlebt. Sie sind ganz bestimmt nicht unsensibel und unverantwortlich. Ein Jugendgottesdienst mit Herrn Scheufler, den ich als nicht mehr ganz so junger Mensch besuchte, wirke länger in mir nach als alle Gottesdienste in meiner (leider) liberalen Gemeinde, die ich nicht gerne, aber aus Pflichtgefühl besuche, die aber mein Glaubensleben selten verändern.
Sascha Wildenhain (Freitag, 22 Juli 2016 16:51)
Hallo Herr Bahrt,
Ich bin zwar nicht direkt von Ihnen angesprochen, sondern Herr Martin, aber es interessiert mich schon, was genau Sie mit Ihrer Einlassung kritisieren. Was meinen Sie denn mit "Schlimmer geht`s nimmer."?
Mit freundlichen Grüßen
Sascha Wildenhain
Niklas Bahrt (Freitag, 22 Juli 2016)
An all-rounder, Herrn Martin,
zu Ihren letzten Anmerkungen:
das soll Ev.-Luth. Landeskirche Sachsen sein? Schlimmer geht`s nimmer.
Frank Martin (Freitag, 22 Juli 2016 09:15)
Sehr geehrter Herr Thomas B.,
wo haben Sie denn diese Idee her, daß die Bibel die Grundlage des christlichen Glaubens ist? Sicher nicht aus der Bibel. Dort können Sie lesen, daß Jesus Christus die Grundlage resp. das Fundament des Glaubens ist. Das Christentum ist eine pneumatische Bewegung - keine Schriftreligion. Das macht die Bibel nicht unwichtig, stellt sie aber an ihren Platz. Mit Paulus gesprochen: "Der Buchstabe tötet, der Geist aber macht lebendig." Darin finden Sie den Unterschied zwischen den Pharisäern (wie sie im NT geschildert werden) und Jesus. Die einen gründeten ihre Religion auf die Bibel - mit all den Folgen, die Sie lesen können (Etwa: Wir haben ein Gesetz und nach dem muß er - also Jesus - sterben.). Der andere lebte in einer lebendigen Beziehung zu Gott. Und genau dieser Jesus ist die Grundlage. Wer das ablehnt und ein Buch divinisiert, hat schon eine andere Religion gegründet.
Zur staatlichen Förderung: Da haben Sie an manchen Stellen recht. Nur besser, die Kirchen sind durch die Beziehung zum Staat zivilisiert, als daß sie freischwebend ihren Vorstellungen folgen. Sollten Sie aber den Wunsch haben, in so einer Truppe Ihren Glauben zu leben, kann ich wärmstens die Zwölf Stämme empfehlen. Da dürfen Sie sogar der Bibel so weit folgen, daß Sie Ihre Kinder verprügeln dürfen - obwohl der Staat das verbietet und die weichgespülten Großkirchen das auch ablehnen.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas B. (Donnerstag, 21 Juli 2016 14:47)
Die Bibel ist nun einmal die Grundlage des christlichen Glaubens. Wenn das einigen Leuten nicht passr, dann können sie ja ihre eigene Religion gründen.
Das Problem ist, dass die beiden großen Volkskirchen in Deutschland vom Staat gefördert werden. Man will zwar an die staatlichen Fördertöpfe herankommen, aber nichr nach der Bibel leben. Dadurch kommt es zum Streit.
Schaffen wir doch die staatlichen Subventionen für die Kirchen ab! Dann werden sich die Streitigkeiten von selbst regeln. Jeder sucht sich eine Religion nach seinem eigenen Geschmack.
Sascha Wildenhain (Dienstag, 19 Juli 2016 21:19)
Sehr geehrter Herr Kaufmann,
die sachliche und ernsthaft geführte Argumentation von Herrn Martin teile ich uneingeschränkt. Ich zitiere Sie aus # 9: " Als schlichter Bibelleser hätte ich keine Chance Gottes Willen aus der Bibel zu erkennen." Ich möchte Ihnen sagen, daß Sie unerhört viele Chancen haben, Gott in der Bibel kennen zu lernen, ich empfehle Ihnen ein KOSTENLOSES (wo gibt es das schon noch einmal in unserer unerlösten Welt?) Theologiestudium des Kirchlichen Fernunterrichts (KFU), hier der Link auf die Seite:http://www.kfu-ekmd.de/
Wenn ich Sie als Christ um irgendetwas bitten würde, dann dies: geben Sie mir einen Vertrauensvorschuss, wenn ich Ihnen sage: Wagen Sie diesen Schritt, ich bin diesen Weg auch gegangen, er hat mir sehr viele Türen aufgeschlossen, er hat mich auch- was ganz normal ist- mit vielen Fragen beschenkt, aber auf jeden Fall hat mich dieses kostenlose Studium des KFU in eine unerhört interessante, aufregende, meinen Horizont erweiternde Welt des Wissens um unseren Glauben gebracht. Dies wünsche ich auch Ihnen. Auf einen harten Schlagabtausch möchte ich mich hier mit Ihnen nicht einlassen, da fehlt mir im Moment ein wenig die Zeit, angesichts 3 kleiner Kinder, für die ich mich verantwortlich fühle, aber einige Worte möchte ich schon gerne los werden. Ich gehe davon aus, daß Sie im Evangelisationsteam um Herrn Scheufler mitwirken? Wissen Sie, ich bin ein "Wanderer zwischen den Welten", ich bin nicht "traditionell christlich sozialisiert", aber in großer Liebe und Sensibilität. Wenn ich wahrnehme, wie unsensibel, unreflektiert und -ja, ich muß das leider so sagen- UNVERANTWORTLICH- von Menschen, die in den nieder geschriebenen Buchstaben der Bibel 1:1 das Wort Gottes sehen, auf Orientierung und Hilfe suchende Menschen zugegangen wird, da habe ich kein Verständnis mehr, das erfüllt auch zum Teil Straftatbestände, klingt zwar jetzt hart, kann aber im Zweifelsfall von mir durch dokumentierte Fakten belegt werden. Herr Martin hat das hier auch angedeutet mit der Seelsorge, die dann notwendig wird, wenn die erste Euphorie vorüber ist und die Realität mit ihren hunderttausend Problemen ins individuelle Dasein zurück kehrt. Bildungsverweigerung halte ich für ein riesengroßes Übel, ich kann auch überhaupt nicht nachvollziehen, wo das Problem liegt! Was- in aller Welt- ist denn eigentlich so schlimm an theologischer Bildung? Ich behaupte:
GAR NICHTS! Eine unerhörte Bereicherung ist sie, also hier noch einmal meine Empfehlung: Kurs Numero 30 des KFU beginnt im Herbst 2017, die Dozenten beißen nicht, die Studierenden sind Menschen wie Du und ich und es macht echt Spaß, etwas dazu zu lernen. Ich wünsche Ihnen die Kraft, sich Bildung angedeihen zu lassen, die weiter trägt als ein euphorischer Abend im Missionszelt.
Mit freundlichen Grüßen!
Sascha Wildenhain
Frank Martin (Montag, 20 Juni 2016 09:53)
Sehr geehrter Herr Leppner,
auch wenn Sie nicht mehr antworten, will ich gern auf Ihren Kommentar eingehen.
Vielleicht haben Sie in Ihrem Zorn manches falsch verstanden. Vielleicht wollten Sie es auch falsch verstehen. Vielleicht haben Sie sogar die Sonne über Ihrem Zorn untergehen lassen? Damit Sie aber vielleicht etwas zornfreier auf uns blicken können, erkläre ich mich Ihnen noch einmal.
Eine Krücke ist nichts schlechtes. Krücken sind mitunter notwendig. Auch ich habe "Krücken", mit denen ich durchs Leben gehe. Ich halte mich daran fest. Aber ich mache meine Krücken – wozu ich meinen Glauben als ganz wesentlich zähle – nicht zum Maßstab für andere. Sie können gern auch vom Fundament sprechen, wenn Sie das weniger kränkend finden. Dann haben Sie ein Fundament, auf welches Sie Ihr Lebenshaus gebaut haben. Andere haben ein anderes Fundament. Das sollten Sie akzeptieren. Daran knüpft der Gedanke an, daß eine Glaubensvorstellung zur Waffe wird. Wissen Sie, wie viele Leute, die Ihren Glaubensvorstellungen wahrscheinlich nahe stehen, andere – auch mich – als ungläubig bezeichnen? Aber das ist sicher in Ordnung?
Wollen Sie, daß ich Ihnen ein paar Bibelstellen nenne? Stellen, wo Eltern aufgefordert werden, ihren Sohn steinigen zu lassen, wenn dieser ungehorsam sei? Stellen, wo Menschen auf Gottes Anordnung hin gesteinigt oder verbrannt werden sollten, weil sie am Sabbat Holz gesammelt oder andere Banalitäten getan haben? Stellen, wo auf Gottes Befehl hin ganze Ortschaften abgeschlachtet werden sollten – Männer, Frauen, Kinder – ohne jede Gnade? Wir könnten das jetzt noch eine Weile fortsetzen. All dies machen auch die Leute vom IS auch. Wo ist der Unterschied?
Zur Allianz: Ich habe das nicht der Allianz vorgeworfen, sondern Leuten in deren Umfeld. Vielleicht haben Sie die Diskussionen um Herrn Diener verfolgt? Vielleicht wissen Sie, was einige Leute Ulrich Parzany vorwerfen, weil er ein etwas weiteres Herz hat? Lesen Sie mal beim Bibelbund oder ähnlichen Gruppen.
Ich finde es interessant, daß Sie meine Aussagen ungeheuerlich finden, Ihre aber nicht. Das ist so eine Grunderfahrung mit Menschen, die ein bestimmtes Bibelverständnis haben. Sie wähnen sich im Recht. Nun – Sie werden damit leben müssen, daß es Menschen gibt, die vieles anders sehen – und sich im Recht wissen. Daß Sie uns aus der Kirche wünschen, finde ich bemerkenswert. Es bestärkt meine These. Ich will es gern mit Ihnen in der einen Kirche aushalten – obwohl ich Ihre Glaubensvorstellungen für falsch halte. Denn es ist ja nicht meine Kirche.
Mit freundlichen Grüßen
Frank Martin
Walter Leppner (Montag, 20 Juni 2016)
Sehr geehrter Herr Martin,
sehr geehrte Initiatorinnen und Initiatoren des Forums für Gemeinschaft und Theologie,
auch ich habe mir die Regel zu Eigen gemacht, erst eine Nacht über einer Antwort schlafen und dann erst zu schreiben. So will ich es auch jetzt halten.
Gleich zu Beginn meiner Antwort auf Ihr letztes Schreiben an mich, teile ich Ihnen mit, Ihnen nicht mehr zu antworten und zu schreiben.
Sehr geehrter Herr Martin, mit Ihrer Äußerung: „In dem Sinne ist die Bibel und Ihr Bibelverständnis eine Krücke, die Ihnen hilft. Das ist doch eine gute Sache. Und diese Krücke würde ich Ihnen nie wegnehmen wollen. Schwierig wird es, wenn Sie Ihre Krücke nutzen, um auf andere damit einzuprügeln. Oder wenn Sie alle dazu zwingen wollen, auch damit zu laufen.“ haben Sie meinen Glauben an die Bibel und an Jesus Christus herabgewürdigt und beleidigt, und das noch in einer zynischen Art und Weise. Das lasse ich mir nicht gefallen. Auch für Sie gilt unser deutsches Grundgesetz, in dem mir meine Glaubensfreiheit garantiert wird. Das sollten Sie in Zukunft immer beachten und Ihr Forum auch.
Mein Glaube an die Bibel und an Jesus Christus sind Basis und Fundament für mein Leben. Das lasse ich mir durch Sie und Ihr Forum nicht beleidigen und auch nicht als „Krücke“ bezeichnen, denn ein Fundament ist eben gar keine Krücke.
Sehr geehrter Herr Martin, Sie schreiben mir weiter: „Wenn aber Ihre Glaubensvorstellung zur Waffe gegen andere wird…“: Herr Martin, unterlassen Sie es und Ihre Forumsmitglieder ab sofort, mir zu unterstellen, meine Glaubensvorstellung werde zur Waffe. Das habe ich niemals behauptet, geschweige denn gedacht! Meine Glaubensvorstellung ist keine Waffe gegen irgendjemand.
Sehr geehrter Herr Martin, Sie schreiben mir weiter: „Es gibt in der Bibel Stellen, mit denen der IS alle seine perversen Verbrechen begründen könnte“. Dieses Bibelverständnis von Ihnen, Herr Martin, entsetzt mich sehr und ich distanziere mich von Ihrem Ausspruch. Die Bibel und der IS haben nichts gemeinsam.
Sehr geehrter Herr Martin, Sie schreiben mir weiter: „Daß Menschen mit einem bestimmten Bibelverständnis einen engen Geist haben, ist meine Erfahrung. Schauen Sie sich mal im Umfeld der Allianz um, mit welcher Leidenschaft die einen den anderen den ganz allein ganz richtigen Glauben absprechen.“. Herr Martin, diese Ihre Meinung sollten Sie bitte den Mitgliedern der Allianz selbst sagen und den Mut haben, sich mit diesen Mitgliedern auseinanderzusetzen. Ich jedenfalls, achte und wertschätze die Arbeit der Ev. Allianz in Deutschland sehr.
Sehr geehrter Herr Martin, mit Ihren Äußerungen haben Sie sich und Ihr Forum nach meiner Meinung nichts Gutes erwiesen. Ihre mir gegenüber geäußerten Ansichten finde ich ungeheuerlich. Ich würde es besser finden, wenn Sie mit Ihren Meinungen und Ihrem Forum eine eigene Religionsgemeinschaft bilden würden, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass diese ihre o.g. Äußerungen in der Ev.-Luth. Landeskirche Sachsen für gut geheißen werden.
Ich verabschiede mich von Ihnen und Ihrem Forum und wünsche Ihnen, T A M E N, alles Gute und Gottes Segen.