Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt, … – und wie wir als Kirche leben.

 

Eigentlich ein schräges Bild. Ein Weizenkorn stirbt, wenn es bei sich bleibt. Wenn es so bleibt, wie es ist – ein Korn eben. In der Erde entfaltet es seine Lebenskraft. Aber es verliert sich dabei. Aus dem einen Korn, das auf sich verzichtet, werden viele andere Körner. Das ist der Preis des Lebens.

 

Jesus deutet seinen Jüngern seinen Tod. Er ist nicht Opfer; er opfert sich. Es wird ihm nichts genommen; er schenkt sich. Vorbehaltlos und rückhaltlos gibt er sich. Nichts behält er zurück; nicht einmal seine Kleider. Wie ein Weizenkorn nicht bei sich selbst bleiben kann, wenn etwas wachsen soll, so verzichtet Jesus auf sich, damit Leben gegen den Tod wächst. Die Jünger haben damit ihre Schwierigkeiten. Wer sich wegwirft, geht doch verloren. Wer sich nicht beisammenhält, verliert sich im Zeitenlauf. Aus den Jüngern wächst die Kirche. Und je länger je mehr bewahrt und sammelt und behält die Kirche – sich selbst und was ihr anvertraut ist. Aber: Ein Weizenkorn bleibt allein, wenn es nur bei sich bleibt. Jesus schenkt sich weg, damit Leben wächst. Und er sagt zu seinen Jüngern: Wie ich, so auch ihr! Das heißt für uns: Verschenkt euch, verliert euch ganz im Vertrauen auf Gott – und ihr werdet sehen, wie daraus Frucht wächst! Heute reden wir aber von Konzentration. Heute aber bündeln wir die Kräfte. Heute aber kürzen wir die Mittel. Heute versuchen wir, die Substanz zu erhalten. Um uns selbst, um unsere Gemeinden drehen wir uns. Da bleibt keine Kraft für Neues. Aber: Ein Weizenkorn stirbt, wenn es bei sich bleibt. Wir bleiben allein, wenn wir uns nicht verschenken – das ist heute wohl unsere traurige Realität. Gemeinde in der Nachfolge Jesu muß auf sich verzichten und Gemeinde für die Anderen sein. Sonst ist sie nutzlos für alle.

 

Frank Martin

 

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Kommentare: 3
  • #1

    Bernhard Buchmann (Samstag, 30 Juli 2016 09:10)

    Sehr geehrte Damen und Herren des Forums für Gemeinschaft und Theologie,

    Ihre Publikationen hier in „frei-und-fromm“ habe ich mit Interesse gelesen, auch die Reaktionen derjenigen, die sich Ihrer Überzeugung nicht anschließen.
    Ihre Forum-Zielstellungen sind meines Wissens in evangelischen Landeskirchen innerhalb Deutschlands nicht neu. Ich erinnere beispielsweise an die Vereinigung „Offene Kirche“ in Württemberg, die fast gleiche Zielstellungen wie Sie haben (für Vielfalt - und gegen eine Verengung der biblischen Botschaft, für Offenheit - gegen Diskriminierung bestimmter Lebensformen usw.). Möglicherweise identifizieren sich viele ev.-luth. Kirchgemeinden der Landeskirche Sachsen mit diesen Überzeugungen, wenn Sie an Ihren Kirchgebäuden den Begriff „Offene Kirche“ plakatieren (und nicht den Begriff „geöffnete Kirchen“ für Besucher von Gotteshäusern).
    Meine konkrete Fragen deshalb an Sie: haben Sie Kontakte zu solchen Gruppierungen wie z.B. der „Offenen Kirche“ Württemberg und anderen und suchen Sie einen Deutschland-weiten Zusammenschluss Ihrer (aufklärenden/offenen Kirche-) theologischen Kirchenform?
    Mich interessieren diese Fragen auch deshalb, weil ich hier möglicherweise oder auch tatsächlich Tendenzen für die theologische Ausrichtung unserer bundesweiten evangelischen Landeskirchen sehe.

    Mit freundlichen Grüßen
    Bernhard Buchmann

  • #2

    Frank Martin (Sonntag, 31 Juli 2016 13:52)

    Sehr geehrter Herr Buchmann,
    herzlichen Dank für Ihre Frage. Die Antwort ist allerdings nicht ganz einfach, da wir keine feste Gruppe oder Bewegung sind. Uns eint die Sorge, daß in unserer Kirche Strömungen zu viel Einfluß gewinnen, die wir als nicht evangelisch im Sinne der befreienden und lebensbejahenden Botschaft Jesu empfinden. Dagegen wollen wir Impulse setzen und uns gegenseitig ermutigen, nicht zu resignieren. Wir fühlen uns den Bewegungen, die Sie angesprochen haben, nahe. Aber wir wollen keine Lagerbildung befördern. Ein EKD-weiter Zusammenschluß liegt auch nicht in unserem Interesse, da die EKD ja keine Kirche ist. Aber wir nehmen sehr gern Impulse auf, tauschen uns gern über Erfahrungen aus & blicken manchmal neidvoll auf das, was in anderen Landeskirchen möglich ist. Wir stehen klar für unsere theologischen Überzeugungen, wollen dabei aber auch nicht hinter unseren Anspruch zurückfallen - und selbst ausgrenzend werden.
    Mit freundlichen Grüßen zurück
    Frank Martin

  • #3

    Bernhard Buchmann (Sonntag, 31 Juli 2016 18:59)

    Vielen Dank
    und mit besten Grüßen,

    Bernhard Buchmann